Die Zeiten hatten sich geändert: der 1. Mai 1919 war gesetzlicher Feiertag, der überall mit Kundgebungen, Festzügen und Unterhaltungsprogramm begangen wurde.
In Bergedorf-Sande stand die SPD (mit dem Gewerkschaftskartell und 4.000 Teilnehmern) dabei im nachmittäglichen Regen – da hatte sich die früh gestartete USPD (350 Teilnehmer laut BZ bzw. 760 nach Zählung der USPD, siehe BZ vom 3. Mai) bereits in den angemieteten Sälen eingefunden. Für die „zahlreichen Kinder“ waren Spiele vorbereitet – bei der USPD dürften die drei Festsäle dafür ausgereicht haben; die SPD hatte auf besseres Wetter gesetzt und musste die vom Jugendbund geplanten Kinderspiele am Rande des Bergedorfer Gehölzes teilweise absagen.
SPD und USPD hatten jeweils ihre eigenen Redner, über deren Redeinhalte kürzer als knapp bzw. gar nicht berichtet wurde, und auch in Geesthacht, desgleichen Hamburg, veranstalteten die beiden Seiten getrennte Maifeiern, die „ohne Zwischenfall“ verliefen (BZ vom 2. Mai). In Altengamme und Kirchwärder hatte nur die SPD etwas organisiert und dabei nicht nur Vereine aus der Arbeiterbewegung eingebunden, sondern auch bürgerliche (BZ vom 29. April und 6. Mai). Hier stand aber wohl der Volksfestcharakter im Vordergrund, denn beide SPD-Distrikte luden ausdrücklich alle Einwohner ein. Dabei zeigten die Sozialdemokraten in Kirchwärder ein ungewerkschaftliches Verständnis für die Landwirtschaft: „Laßt die Arbeit ruhen, soweit es angängig ist!“ hieß es in ihrem Aufruf. In Hamburg waren die Straßenbahner, Hochbahner und Alsterdampfschiffer rigoroser: sie beschlossen, am 1. Mai „jeglichen Verkehr“ ruhen zu lassen (BZ vom 29. April), und auch die „großen Restaurants und Kaffeehäuser“ hatten geschlossen (soweit sie nicht für Veranstaltungen zur Maifeier geöffnet hatten).
Bergedorfs Gewerkschaftsführer hatten vor der Maifeier an einer anderen Veranstaltung teilgenommen: das Bergedorfer Eisenwerk hatte für die Gefallenen des Krieges ein Denkmal errichten lassen, das nach der Verlegung des Eisenwerks nach Glinde ebenfalls nach Glinde verlegt wurde. 2019 ist es nach Sande zurückgekehrt und auf dem alten Friedhof der Erlöserkirche aufgestellt worden, gleich neben dem Mausoleum für Wilhelm Bergner, dem Gründer des Werks.