Mit einem zweistündigen Crashkurs „Landwirtschaft“ wurden 6.000 „zur Landarbeit geeignet befundene Schüler und Schülerinnen der Hamburger Schulen“ auf ihren Einsatz auf Bauernhöfen und in Gartenbaubetrieben vorbereitet, denn sie sollten (im Artikel heißt es: wollten) „dem Vaterlande dienen“. Wie wichtig den Verantwortlichen dieser Arbeitsdienst war, zeigt die Anwesenheit des kommandierenden Generals v. Falck, eines Obersten und eines Schulrats. Auch Bergedorfs Schuljugend musste/sollte/wollte einen solchen Vortrag verfolgen und dann quasi zum Kriegsteilnehmer werden: so wie die Väter und Großväter „im Felde“ standen, d.h. als Soldaten eingesetzt waren, so sollten jetzt auch die Allerjüngsten „ins Feld rücken“, womit aber eben die Landwirtschaft gemeint war.
Die Mobilisierung der Kinder sollte den noch größer gewordenen Arbeitskräftemangel auf dem Lande kompensieren, denn die Zahl der eingesetzten Kriegsgefangenen (siehe den Beitrag Kriegsgefangene in Ochsenwerder) war reduziert worden, wie aus Kirchwerder gemeldet wurde (siehe BZ vom 26. Januar und 23. April 1917), und nach einer offiziellen Mitteilung der Inspektion der Kriegsgefangenenlager konnte von dort kein Ersatz gestellt werden.
Für die Gemeinde Kirchwerder dürfte das ein schwerer Schlag gewesen sein: sie hatte am Tag zuvor und auch noch an diesem Tag per Annonce die Inhaber von Agrarbetrieben dazu aufgefordert, ihren Bedarf an „Kriegsgefangenen, Hilfsdienstpflichtigen, Hamburger Frauen oder Kindern“ beim Vorsitzenden der jeweils zuständigen Bauerschaft anzumelden. Nun musste man auf die an erster Stelle genannten Arbeitskräfte verzichten, von denen man wohl die beste Leistung erwartete; „Hamburger Frauen oder Kinder“, also landwirtschaftsferne Großstadtbewohner, dürften nicht zufällig zuletzt aufgeführt gewesen sein, obwohl sie wohl am leichtesten zu bekommen waren.
Offenbar sollten schließlich doch noch Kriegsgefangene abgestellt werden, wenn auch erst zur Ernte und nicht zur Bestellung der Flächen – anders ist die nebenstehende Bekanntmachung aus der folgenden Woche nicht zu erklären.