Auch wenn die Gerüchte weit übertrieben gewesen sein sollten – das Auftreten der schwarzen Blattern (Pocken) war schon ein Grund zur Besorgnis. „Erkrankungen in Geesthacht und in vereinzelten Fällen auch in Bergedorf“ wurden hier gemeldet, und aus späteren Berichten wird erkennbar, dass von den 34 Fällen im Hamburger Staatsgebiet, davon 21 in der Stadt Hamburg, mindestens acht auf den Raum Geesthacht/Bergedorf entfielen (siehe BZ vom 19. Januar, 1. und 10. Februar 1917). Die Krankheit hatte sich von Schleswig-Holstein aus in Norddeutschland verbreitet, angeblich besonders durch Landstreicher und die Bewohner von Herbergen (siehe BZ vom 1. März 1917; zu den Herbergen in Bergedorf siehe Zu Gast in Bergedorf, S. 22ff.). An den Pocken Erkrankte aus dem Bergedorfer Raum kamen in die abgeschlossene Infektionsabteilung des Bergedorfer Krankenhauses, später dann auf Drängen Bürgermeister Wallis in Hamburger Kliniken, was der Bürgervertreter (und Arzt) Dr. Lüders auch wegen der hohen Transportkosten für unnötig hielt (siehe BZ vom 10. Februar und 1. März 1917).
Der Staat reagierte: ab dem 19. Februar, d.h. gut sechs Wochen später, konnten sich Erwachsene in der Stadtschule impfen lassen. Nicht nur für alle Herbergs-Bewohner, sondern auch für alle Arbeiter in Betrieben für Militärlieferungen wurde die (Auffrischungs-)Impfung sogar als verbindlich angeordnet (siehe BZ vom 16. Februar und 1. März 1917) – die Rüstungsproduktion sollte auf keinen Fall gefährdet werden. Die turnusmäßige Erstimpfung und Nachschau für Kinder fand wie in den Vorjahren im April statt (siehe BZ vom 16. März 1917).
In der meist wöchentlich von der BZ gedruckten Rubrik über meldepflichtige Krankheiten in der Landherrenschaft Bergedorf tauchten die Pockenfälle übrigens nicht auf; nur immer wieder Diphtherie, Masern, Scharlach und auch Kindbettfieber. Da auch sonst keine Meldungen über Pockenerkrankungen in den nächsten Monaten zu finden waren, kann man aber davon ausgehen, dass die Maßnahmen erfolgreich waren.