Die Morgen-, Abend- und Nachtbeleuchtung

Bergedorfer Zeitung, 20. Dezember 1916

Bergedorfer Zeitung, 20. Dezember 1916

Da waren die Arbeiter und Arbeiterinnen einmal bessergestellt als die Bessergestellten: sie sollten auf dem Weg zur Arbeit eine bessere Straßenbeleuchtung vorfinden als ihre Chefs.  Man muss hierin keine besondere Fürsorge des Bergedorfer Bürgertums sehen, denn Arbeiter mussten einfach früher aufstehen und noch in der Dunkelheit den Weg zum Arbeitsplatz oder zum Bahnhof antreten, während andere warten konnten, bis es hell wurde.

Man kann aus der Meldung auch gut erkennen, dass Bergedorfs Bevölkerung sozial getrennt wohnte: die Arbeiter wohnten in den „unteren Stadtteilen“ (anhand der Höhenlinien in der Karte 1904 nachzuverfolgen), die besserverdienenden Spätaufsteher im oberen Teil, dem Villenviertel nordöstlich von Schloss und Innenstadt.

Wie „üppig“ die Straßenbeleuchtung Bergedorfs am Abend wirklich gewesen war, ist dem Bericht der BZ nicht zu entnehmen (auch nicht, ob in jeder Straße Laternen standen), aber die Kohleknappheit zwang eben zu generellen wie zu differenzierten Einschränkungen: abends sollte allgemein „die Zahl der Brennstellen verringert werden“, nachts würden dann weitere Lampen abgeschaltet. Am frühen Morgen brannte nur die Nachtbeleuchtung – „mit Ausnahme der unteren Stadtteile“: dort wurde früh die Zahl der Licht liefernden Laternen wieder auf den Abendbetrieb erhöht.

Ausgelöst hatte die Sparmaßnahmen offenbar die Landherrenschaft per Verordnung, was aus einem Bericht über eine Sitzung der Gemeindevertretung Geesthachts hervorgeht, den die BZ ebenfalls am 20. Dezember wiedergab: demnach waren in diesem Ort schon bald nach Kriegsbeginn 85 von 160 Laternen stillgelegt worden.

Eine „moderne“ Straßenbeleuchtung hatte Bergedorf übrigens seit der Inbetriebnahme des Gaswerks im Jahre 1856. Als 1897 das stadteigene Elektrizitätswerk mit der Stromproduktion begann, wurde die öffentliche Beleuchtung auf elektrisches Licht umgestellt, und die (privaten) Gaswerksbetreiber verloren ihren größten Einzelkunden. Mit Sande (1903) und Geesthacht (1908), die beide noch nicht elektrifiziert waren, gewann das Gaswerk aber neue Abnehmer u.a. für die Straßenbeleuchtung (Oliver Barghorn-Schmidt, S. 23f.).

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