(Beide Karten werden auf Klick jeweils in groß angezeigt.)
Zeigt die Karte von 1875 nur vereinzelte Gebäude und lediglich den „Reinbecker Weg“, den „Grasweg“, den „Hohlen Weg“ und den „Pannerstieg“ als mit Namen versehene Straßen bzw. Wege, so zeigt der Plan von 1904 ein dichtes Straßennetz und eine schon weit vorangeschrittene Bebauung: innerhalb von 30 Jahren war hier ein neues Wohngebiet der „besseren Kreise“ Bergedorfs entstanden, in dem sich auch Hamburger Kaufleute niederließen, die dann über die neu angelegte Ernst-Mantius-Straße zum Bahnhof gelangten und per Bahn nach Hamburg pendelten, wie sich aus den „Adreß-Büchern“ des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts ergibt.
Zwischen Reinbeker Weg und Wentorfer Straße ist dieses Straßennetz praktisch unverändert geblieben; allein die Straße Hulbepark, benannt nach dem Bergedorfer Leder-Kunsthandwerker Georg Hulbe, ist hinzugekommen. Hulbe war Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts ein renommierter Kunstgewerbler, der u.a. die Lederstühle und -tapeten des Reichstagsgebäudes und die gesamte Lederausstattung des Hamburger Rathauses gestaltete und ausführte (vgl. auch Olaf Matthes / Bardo Metzger (Hg.), Bergedorfer Personenlexikon, Hamburg 2003, S. 97-99). Eine Abbildung seiner 1896/97 erbauten, nicht erhalten gebliebenen Villa an der Hochallee (heute Pfingstberg) sowie eine Grundrisszeichnung sind in Hamburg und seine Bauten 1914, Bd. 1 auf S. 538 zu finden.
Bergedorfs Wachstum im späten 19. Jahrhundert war beachtlich; allein 1887 wurden dreizehn Straßen mit Namen versehen, wobei man sich mit der Namensgebung im Villenviertel deutlich mehr Mühe gab als mit der im Industriegebiet „auf dem Kamp“ – wo ebenso wie im südlichen Bergedorf Arbeiterviertel entstanden –, wie die amtliche Bekanntmachung ausweist (s. Abb. links: Vierländer Nachrichten, 21.04.1887, No. 46, S. 4, Sp. 1, auf Klick Anzeige in groß).
Nördlich des Reinbeker Wegs war die Entwicklung um 1905 noch nicht so weit vorangeschritten: verschiedene Straßen waren angelegt, aber fast gänzlich ohne Anlieger, weitere Straßen folgten 1906 und 1907 – der schon länger vorhandene Möörkenweg (siehe „große Möörken“ auf beiden Karten) am Bergedorfer Wasserwerk wurde 1901 auch offiziell so benannt.
Im Plan von 1904 erkennt man mehrere Hotels und Restaurants im Villenviertel, weitere am Rande des Gehölzes zur Bille hin. Im Anzeigenteil des „Führers durch Bergedorf und Umgegend“ haben nicht nur diese inseriert, sondern (neben den innerstädtischen) weitere „Pensionate“, die belegen, dass Bergedorf damals ein beliebter Urlaubsort war:
Da manche Straßen bis zur Gegenwart mehrfach umbenannt wurden, ist die Internetseite geoauskunft.de/chronik, die bei Eingabe eines historischen Bergedorfer Straßennamens die späteren Namen anzeigt, oft hilfreich. Hinzuweisen ist auch auf die zusammenfassende Darstellung in der Bergedorf-Chronik, und natürlich für den Stand 1888 auf Voigts „Topographische Nachrichten“ (Johann Friedrich Voigt: Topographische Nachrichten über die Stadt Bergedorf, Bergedorf 1888, S. 23 und S. 26), worin Voigt auch eine Reihe von „nicht mehr üblichen“ und „nicht amtlich anerkannten“ Bezeichnungen nennt.