Kein anderes lokales Ereignis fand eine so breite Berichterstattung in der Bergedorfer Zeitung wie die Freilichtaufführung von Friedrich Schillers Wallensteins Lager, die an den Vortagen im Schießtal stattgefunden hatte. Das lag nicht an der großen Zahl der Mitwirkenden (über 200 Bergedorfer Amateurschauspieler), nicht an Prof. Ohly, dem Leiter der Hansaschule und Vorsitzenden des Vorbereitungsausschusses, nicht an dem verständnisvollen Entgegenkommen des Stadtbaumeisters Carl Dusi und des Försters Giesemann, nicht an den farbenprächtigen Kostümen, die das Hanseatische Theaterkostüm-Atelier von L. Bode u. Co. in Hamburg gestellt hatte, und nicht an dem wohltätigen Zweck der Aufführung (zugunsten der Bergedorfer Kriegshilfe), sondern es war das Verdienst des Redakteurs Ammenn, der bei der Bergedorfer Zeitung für das Lokale verantwortlich zeichnete: er war Mitglied des Vorbereitungsausschusses und der „Spielleiter“ der Aufführung. Insgesamt elf Artikel bereiteten die Zeitungsleser auf das Ereignis vor (am 1. Juli, am 8., 13., 16., 19., 25., 26., 30. und 31. August sowie am 1. und 2. September 1916).
Immerhin, die hier wiedergegebene Aufführungskritik stammte nicht von Ammenn, sondern war mit „B.“ signiert, und hinter diesem Einzelbuchstaben darf man seinen Kollegen Bauer vermuten, dessen Auflistung von über 30 Namen auf und hinter der Bühne Mitwirkender offenbar einige Unerwähnte zu Beschwerden veranlasste, woraufhin am nächsten Tag weitere Personen genannt wurden. In einem weiteren Artikel nach der letzten Aufführung, u.a. vor Schülern aus Geesthacht und Kirchwärder, lobten sich resümierend die Organisatoren gegenseitig und auch die anderen Beteiligten (siehe BZ vom 11. September 1916), und am 23. Oktober erfuhr man, dass der beachtliche Reinertrag der Aufführungen sich auf 3.079,95 Mark belief.
Überraschung wird dann die Anzeige des Hansa-Kinos ausgelöst haben: sollte die Aufführung verfilmt worden sein und in weniger als einer Woche auf die Leinwand kommen? Weit gefehlt: zwei Tage danach war dem Lokalteil zu entnehmen, dass bei der Aufführung kein Film gedreht worden war, man hatte sogar „Vorsorge getroffen, daß keine kinematographischen Aufnahmen gemacht werden konnten.“ (Siehe BZ vom 7. September 1916.) Hatte hier etwa der Betreiber des Kinos eine gute Geschäftschance gewittert? Seine Anzeige muss Ammenn in seiner schon früher geäußerten Ansicht bestärkt haben, dass die „Kientöpperei“ das Volk nur verdummen wolle und das Theater nicht viel besser sei (siehe BZ vom 13. August 1916). In die selbe Richtung ging die Kritik in der (gelegentlich erscheinenden) Kolumne des „Lynkeus, der Türmer“ (siehe Goethe): man müsse die „moralische Volksgesundheit“ über die Geldbeutelinteressen der Kientöpper (d.h. der Kinobetreiber) stellen, und deshalb seien die Einschränkungen des Kinobesuchs (siehe den Beitrag Jugend unter Kontrolle) richtig und notwendig, um der „Verwilderung der Jugend“ Einhalt zu gebieten (siehe BZ vom 16. September 1916).