Diese Anzeige signalisierte einen weiteren Rückschlag für diejenigen Bergedorfer, die es als ihre patriotische Pflicht ansahen, alles dafür zu tun, dass Bergedorf ein Lazarett bekäme: offenbar hatte es, ohne dass die BZ darüber berichtet hätte, eine Sammlung von Möbeln für solch ein Militärhospital gegeben, die nun wieder rückgängig gemacht werden musste, weil das Kurhaus Bergedorf, in dem die Spenden offenbar lagerten, verkauft werden sollte (siehe BZ vom 31. Januar 1916), und weil Bergedorf letztlich ohne Lazarett blieb. Auf welchem Wege für die Ablieferung der Ausstattungsgegenstände im Kurhaus am Reinbeker Weg 50 (siehe Bergedorfer Adressbuch 1915) geworben worden war, ist unklar – über die Bergedorfer Zeitung war dies jedenfalls nicht geschehen.
Die Bemühungen, Bergedorf zum Lazarettstandort zu machen, hatten schon 1914 begonnen: die „Hamburger Kolonne vom Roten Kreuz, Abteilung Bergedorf“ bat in einer Anzeige nicht nur um Geldspenden: „Für neu einzurichtende Lazarette in öffentlichen Gebäuden bedürfen wir vieler Betten und Bettwäsche.“ Man sollte anmelden, womit man sich an der Ausstattung beteiligen wollte, aber alles sollte „in den Häusern der Eigentümer“ verbleiben (siehe BZ vom 13. August 1914). Nach einer Meldung vom 26. September 1914 nahm das Medizinalamt Hamburg dieses Angebot an, konnte oder wollte aber nicht sagen, wann eine Belegung erfolgen würde.
Mehr als ein halbes Jahr rührte sich nun gar nichts mehr in dieser Angelegenheit, dann gab die BZ die Zuschrift einer Leserin wieder, die den Bergedorfer Frauenverein aufrief, Kriegsinvalide zu „fröhlicher, dankbarer Sommerfrische“ in Privathäuser aufzunehmen (siehe BZ vom 29. April 1915). Im Juli schrieb die BZ dann, dass Bürgermeister Walli den Militärbehörden das Angebot gemacht habe, „verwundete oder erholungsbedürftige Krieger“ im Staatskrankenhaus, im Hotel Bellevue oder Hotel Fernsicht unterzubringen. Das Krankenhaus wurde durch Militärärzte inspiziert, und sie wollten es „in 8 bis 14 Tagen“ als Erholungsheim für 30 Marinesoldaten nutzen (siehe BZ vom 2. Juli 1915). Eine Vollzugsmeldung war dann aber in der Zeitung nicht zu finden – überbelegt war die Bergedorfer Klinik ja sowieso, siehe den Beitrag Die Erweiterung des Krankenhauses, während die Hotels Bellevue und Fernsicht sicher einen Rückgang der Zahl der Urlaubsgäste verspürten und Kapazitäten frei hatten.
Damit schienen alle Bemühungen gescheitert – doch dann kam die Bitte des Hamburgischen Landesausschusses für Kriegsbeschädigte an den Bergedorfer Frauenverein, Privatquartiere für Lazarettentlassene zu beschaffen, und en passant erfährt man: „manches Bergedorfer und Reinbeker Haus hat bereits einen solchen Feldgrauen beherbergt“, und daraus wiederum wird klar, dass die Berichterstattung der Bergedorfer Zeitung recht lückenhaft war.
Vielleicht haben die Bergedorfer etwas neidisch auf Geesthacht geschaut: dort gab es seit dem Februar 1916 eine dem Reservelazarett 2 in Hamburg unterstellte Einrichtung für Marinesoldaten, die an der damals weitverbreiteten Tuberkulose litten. Die 75 Patienten waren untergebracht im „Thekla-Haus“ der am Rande Geesthachts gelegenen Lungenheilanstalt Edmundsthal-Siemerswalde, einer Stiftung des Hamburger Kaufmanns und Mäzens Edmund Siemers (siehe BZ vom 7. Januar und 22. Februar 1916, zu der Anstalt generell die Festschrift zum 25jährigen Bestehen der Hamburgischen Heilstätte Edmundsthal-Siemerswalde in Geesthacht).