Die Fälle, die das Schöffengericht Bergedorf zu verhandeln hatte, waren immer wieder durch die Kriegs- und Versorgungslage gekennzeichnet: der Verdacht liegt nahe, dass die „Händlerin B.“ mit dem Verkauf verdorbener Leberwurst die allgemeine Mangellage ausnutzen wollte. Die verhängte Geldstrafe dürfte sie jedenfalls empfindlich getroffen haben.
Die Geldstrafe in Höhe von 10 Mark – ein halber Monatsverdienst – gegen die „Ehefrau L.“ wird für diese sehr hart gewesen sein: als Empfängerin der überaus kargen Kriegsunterstützung hätte sie offenbar nichts verdienen dürfen, sondern mit ihren erarbeiteten 20 Mark wie auch immer auskommen sollen – angesichts der Lebensmittelpreise (1/4 Pfund Leberwurst zu 45 Pfennigen) illusorisch.
In anderen Artikeln in der Rubrik „Gerichtszeitung“ standen andere Delikte im Vordergrund (siehe z.B. BZ vom 14. und 21. Januar, 4., 18. und 25. Februar, 10. März 1916): mehrfach wurden Fälle von Körperverletzung und Unterschlagung verhandelt, auch von Schnaps-Import in das Alkohol-Sperrgebiet Bergedorf (siehe den Beitrag Bergedorf trockengelegt). Und häufig standen „Schulknaben“ oder „jugendliche Burschen“ wegen Diebstahls im Gerichtssaal des Bergedorfer Schlosses – der Regelsatz des Strafmaßes für diese war offenbar ein Tag Gefängnis.
Weitere Fälle werden in einem folgenden Beitrag aufgegriffen.