Nein, nicht das Überschwemmungsgebiet der Bille wurde trockengelegt, auch die extreme Trockenheit der Wochen zuvor war nicht gemeint, sondern die Bevölkerung Bergedorfs und die Ausflügler aus Hamburg an „zunächst“ zwei Juli-Wochenenden. Der stellvertretende kommandierende General v. Roehl erließ ein Handels- und Ausschankverbot für Spirituosen aller Art, ohne dies zu begründen, aber beim kaiserlichen Militär war halt die Anordnung, der Befehl, ausreichend. Doch man wüsste schon gern, was hinter diesem Ukas steckte: hatte es an den Wochenenden vorher alkoholinduzierte Unruhen, Unannehmlichkeiten, Ausschreitungen oder ähnliches gegeben? Befürchtete man Demonstrationen nach fast einem Jahr Krieg? In der BZ jedenfalls waren bis dato keine Meldungen zu finden, die diese Maßnahme (die auch in der Stadt Hamburg galt, siehe BZ vom 16. Juli 1915) hätten erklären können, was natürlich an der Zensur gelegen haben kann.
Eine prinzipielle Ablehnung des Alkohols jedenfalls lag nicht vor, wie sich an den beiden Ausnahmen erkennen lässt: zu medizinischen Zwecken durfte offenbar auch Trinkalkohol verwendet werden, und der Versand von Alkohol an die Front war weiterhin zulässig. Wein und Bier blieben erlaubt, aber ob sie in ausreichenden Mengen als Alternative zur Verfügung standen, ist fraglich, denn aus den Ländern der Kriegsgegner (vor allem Frankreich und Italien) dürften Importe weitgehend ausgefallen sein, und den Bierbrauern standen zu dieser Zeit nur 60% der Braugerste zur Verfügung, die sie vor dem Krieg gehabt hatten.
Freuen konnten sich jedenfalls die Wirte der Ausflugslokale in Ochsenwerder, Kirchwerder und Neuengamme, denn diese Ortschaften waren von dem Verbot nicht erfasst, und da auch die Lauenburger Dampfer „trocken“ waren, dürfte der Durst auf Alkoholika in den Wirtschaften dort entsprechend höher gewesen sein. Wat den een‘ sien Uhl …