Die Katzenaugen

Bergedorfer Zeitung, 17. Oktober 1925

Dem BZ-Redakteur Hanns Lotz genügten seine zwei Augen, doch „eine hohe Behörde“ verordnete ihm die Anschaffung eines weiteren: „ein Katzenauge nämlich.“ Dieses dritte Auge benötigte der Radfahrer Hanns Lotz: es hatte aus rotem Glas zu bestehen und war hinten am Fahrrad anzubringen.

Über diese Anordnung hatte die BZ am 3. September berichtet: „eine kleine Lampe, ein sogenanntes Katzenauge“ sei hinten am Fahrrad zu befestigen. Gemeint war aber keine Lampe, sondern ein roter Retroreflektor, der nur aufleuchtet, wenn er angestrahlt wird.

Ob alle BZ-Leserinnen die Ausführungen Lotzens über Frauen und Katzenaugen als humorvoll-gelungen oder als süffisant-missraten empfanden, sei dahingestellt – jedenfalls hatte der radelnde Bergedorfer Redakteur übersehen, dass die Vorschrift nur für die Provinz Schleswig-Holstein galt: solange er auf hamburgischem Staatsgebiet radelte, benötigte er nur vorn eine Lampe, die sogar kleine „farbige Seitengläser“ in rot und grün aufweisen durfte (in der Schifffahrtsmetropole Hamburg war das rote Glas vermutlich auf der Backbordseite, also links). Die Laterne musste hellbrennend sein – Katzenaugen am Hinterrad wurden von der Polizeibehörde als „wünschenswert“ bezeichnet, aber vorgeschrieben waren sie nicht (BZ vom 5. Februar und Hamburger Echo vom 16. Juli).

Die Pflicht zum Katzenauge konnte in Schleswig-Holstein und damit auch in Bergedorfs nächstem Nachbarort Sande nicht wie vorgesehen durchgesetzt werden, denn es gab einfach nicht genug dieser Reflektoren. So wurde das für den 29. September vorgesehene Inkrafttreten hinausgeschoben: am 2. November meldete die BZ, dass der Termin auf den 20. November hinausgeschoben worden war – im Oktober waren die Polizeiaugen wohl zugedrückt.

BZ, 9. November 1925

Man darf vermuten, dass der benötigte Nachschub rechtzeitig eintraf. Im hamburgischen Neuengamme, wo sie ja nicht unbedingt erforderlich waren, konnte man Katzenaugen jedenfalls kaufen.

 

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