Ein Zug verlässt den Hamburger Hauptbahnhof um 7 Uhr und 28 Minuten, um nach mehreren Zwischenstopps vom Bergedorfer Staatsbahnhof um 8 Uhr und 16 Minuten Richtung Berlin abzudampfen, wo er (nach weiteren Zwischenhalten) um 7 Uhr und 21 Minuten eintrifft (laut Fahrplan). Rätselfrage: wie lange ist der Zug unterwegs: -7 Minuten oder 11 Stunden 53 Minuten?
Die Antwort ist klar, da schon vor hundert Jahren die Bahn an die Gesetze der Physik und der Zeit gebunden war: in den knapp 12 Stunden in diesem Zug konnte der Fahrgast viele, viele Bahnhöfe in Ruhe betrachten. (Die Fahrplanangaben sind im Beitrag Der ausgedünnte Bahnverkehr zu finden.)
1925 gab es Bestrebungen, die Zeitrechnung (vom zweimal-12-Stunden-Tag) auf den 24-Stunden-Tag umzustellen: der obige Beispielzug stünde dann mit den Angaben 07:28 – 08:16 – 19:21 Uhr im Plan, doch dagegen regte sich Widerstand, auch von „Organisationen des Verkehrslebens“, die glaubten, dass bei Unklarheiten die Angabe von „V“ für Vormittag (heute: 00:00 bis 12:00 Uhr) und „N“ für Nachmittag (12:00 bis 24:00 Uhr) ausreiche, so wie die Post damals Briefe und Postkarten mit solchen Zeitangaben stempelte. Die Reichsbahn hingegen befürwortete die neue Zählweise, denn diese galt bereits in einer Reihe von Nachbarländern.
Ab dem 15. Mai 1927 praktizierte die Reichsbahn dann den 24-Stunden-Tag. Die Zifferblätter der Uhren blieben aber bei der sogenannten „Kleinen Uhr“ mit 12-Stunden-Anzeige und zwei Umdrehungen in 24 Stunden – das war technisch einfacher als die Umstellung der Uhrenbauweise auf die „Große Uhr“ mit einer 24-Stunden-Anzeige.