Die Zeitung und der Postabbau

Bergedorfer Zeitung, 6. Mai 1924

Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern, hieß es früher, als die Zeitung noch (fast) das Monopol auf die Verbreitung aktueller Nachrichten hatte – und da die Bergedorfer Zeitung damals erst gegen Mittag Redaktionsschluss hatte und am selben Nachmittag in die Häuser der Abonnenten gelangte, war das für die Leserinnen und Leser sicher erfreulich.

Diese Aktualität erreichte die BZ allerdings nur im Stadtgebiet – in Vierlanden wurde erst am Folgetag durch den Postboten zugestellt, und da die Post die Sonntagszustellung auf dem Lande eingestellt hatte, mussten die Dorfbewohner auf ihre Sonnabend-Zeitung und Briefe bis zum Montag warten. Was hier ein frustrierter Leser am Beispiel des Seefelds, eines  Ortsteils des ländlichen Kirchwärder, schilderte, traf so oder ähnlich auf andere Dörfer zu: die vor dem Weltkrieg eingerichtete „Posthilfstelle“ (beim Gastwirt Timmann im westlichen Teil des Hausdeichs) war ebenso wie die Postagentur (bei der Kirchwärder Kirche) geschlossen worden, denn auch die Post war von der Personalabbauverordnung betroffen und strich allein im Postamt Bergedorf 22 Stellen (BZ vom 1. Februar und 3. April) – für Seefeld bedeutete dies alles, dass Zeitung und Briefe erst ein bzw. zwei Tage später eintrafen.

Und wenn eine Bewohnerin oder ein Bewohner Seefelds etwas „auf der Post“ zu erledigen hatte, dann war das nach Schließung der Seefelder Postfiliale sehr viel aufwändiger geworden: hatte man zur dortigen Posthilfstelle vielleicht einen Kilometer zurücklegen müssen und zur Postagentur bei der Kirche sechs bis sieben Kilometer, so waren es nun bis zum Zollenspieker eher neun oder zehn – der Weg zum Postamt Bergedorf dürfte kürzer gewesen sein.

Für die Zeitungszustellung am Sonntag ließ sich das Postamt Zollenspieker etwas einfallen: man suchte Einwohner, die „günstig gelegene Abholestellen für Sonntags eingehende Zeitungen“ einrichten wollten (BZ vom 13. August); ob es dazu kam, war nicht in der BZ zu lesen. In Ochsenwärder wählte man einen anderen Weg, die Gemeinde erreichte eine Einigung mit der Postbehörde in Hamburg: „Durch freiwillige Gaben werden jährlich 300 M aufgebracht und dafür erhalten ab nächsten Sonntag alle Einwohner wieder regelmäßig ihre sonntägliche Post.“ (BZ vom 4. Dezember)

Die genannten Ortsteile Kirchwärders sind auf einer Karte aus den 1920er Jahren verzeichnet; die Angaben zu den Posteinrichtungen sind verschiedenen Hamburger Adress- bzw. Fernsprechbüchern entnommen.

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