Denkmal und Gegendenkmal

BZ, 20. Oktober 1922

Man war sich einig: es sollte in Bergedorf eine Erinnerungsstätte an den Krieg geschaffen werden. Damit aber endete bereits die Gemeinsamkeit.

Das von der Stadt geplante Ehrenmal sollte schlicht die Inschrift „Den Opfern“ erhalten – das war Bergedorfs Militärvereinen nicht patriotisch und nicht heldisch genug, zumal sie auch den gewählten Standort auf dem Friedhof für ungeeignet hielten. So betrieben sie Pläne für ein eigenes Denkmal, das bei der Kirche errichtet werden sollte: nicht der Krieg und die Opfer sollten betrauert werden, sondern das Kriegsergebnis – die für ihr Denkmal vorgesehene „wuchtige Gestalt … eines Kriegers“ sollte die martialische Inschrift bekräftigen, der Aufstellungsort auf dem Kirchenvorplatz im Zentrum der Stadt sollte täglich möglichst vielen Menschen die Botschaft vor Augen führen.

Die Platzierung war ebenso Gegenstand von Diskussionen wie die des städtischen Ehrenmals, was bereits im Beitrag Streit um die Gefallenenehrung skizziert wurde: verschiedene Plätze im Park oder der Umgebung des Schlosses und im Gehölz wurden vom Architekten Hermann Distel vorgeschlagen, der Friedhofsverwalter Kühl präsentierte zwei Skizzen für den Friedhof. Die Entscheidung fiel dann für die Knickgärten (BZ vom 26. November 1920), wurde aber zugunsten des Rosenplatzes auf dem Friedhof revidiert (siehe den Beitrag zu den schwierigen Ehrenmalen und z.B. BZ vom 19. März sowie 25. Oktober 1921).

BZ, 19. Oktober 1922

Die Militärvereine hatten sich von vornherein für den Kirchenvorplatz ausgesprochen, anfänglich auch die Kirchengemeinde, doch die Baupflegekommission hatte aus Hamburg ihr Veto gegen Entwurf und Standort eingelegt (BZ vom 19. Oktober 1922). Nun sollte mit einem neuen Entwurf ein zweiter Versuch für den Platz an der Kirche unternommen werden, und für den Fall der Versagung der Genehmigung durch staatliche bzw. städtische Behörden wurde gleich der Klageweg angedroht.

Letztlich gab es aber kein Ehrenmal an der Kirche, der Entwurf von Richard Kuöhl und Christian Zauleck wurde nicht realisiert, doch mehr als ein Jahrzehnt später unter nationalsozialistischer Ägide am Schillerufer, im selben Geist und mit Hitler-Zitat auf der Sockel-Rückseite, ein Denkmal des Berliner Bildhauers Hans Dammann (BZ vom 14. und 17. Juni 1935), auf dem Sockel ein Krieger. Nach Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurde dieses wieder entfernt.

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