Von Weiden, Wärdern und Buddeltünern

BZ, 11. Oktober 1922

Nicht um Viehweiden und Weidegras ging es hier, sondern um Korbweiden. Diese hatte der Korbflechter H. Ziehl aus Geesthacht gepachtet, und er wollte natürlich nicht, dass sich andere an seinen Weiden zu schaffen machten, also Schächte und Ruten abschnitten: das Recht hatte ja er erworben.

Die Elbufer waren damals vielfach mit Weiden bestanden, die an den Ufern, auf Werdern (Inseln im Fluss) und Buhnen (in den Fluss hineinragende Leitdämme) als Uferbefestigung gepflanzt und eben auch zur Holzgewinnung genutzt wurden.

BZ, 4. November 1922

BZ, 29. Dezember 1922

Der Handel mit Korbweiden bzw. die Verpachtung von Weidenschnittrechten lässt sich anhand von Anzeigen in der Bergedorfer Zeitung nachvollziehen: Inserate gab es aus Bleckede, dem ca. 65 Kilometer entfernten Hitzacker und Brandstade gegenüber (Anzeigen in der BZ vom 14. Oktober, 4. und 6. November 1922); der Transport wird auf dem Wasserwege erfolgt sein.

Für die Weiden gab es viele Verwendungen: nicht nur Himptenkiepen (siehe Fotos) und Körbe aller Art wurden daraus geflochten, sondern auch Aalreusen. Ferner wurden sie in der Landwirtschaft zum Binden eingesetzt, und so wurden „Rhabarberweiden“ und „Maiblumenweiden“ zu einschlägigen Fachbegriffen (siehe z.B. die Anzeigen in der BZ vom 3. und 15. Februar 1921 und 9. Oktober 1922).

Was H. Ziehl aus seinen Weiden flechten wollte, ist unbekannt – es spricht vieles dafür, dass er früher für die Geesthachter Glasfabrik gearbeitet hatte, die bis 1914 „Demijohns“, also große Glasbehälter, herstellte, die durch ein Korbgeflecht geschützt wurden und den Korbmachern die Bezeichnung „Buddeltüner“ eintrug. Im Ersten Weltkrieg trat dann ein anderer Geschäftszweig in den Vordergrund: die Herstellung von Geschosskörben, aber auch das war längst vorbei. Besonders in Geesthacht, wo mehrere hundert Menschen in der Korbflechterei (und beim Bandreißen und Rutenweißen) Arbeit und Auskommen gehabt hatten, erhöhte dies die Zahl der Arbeitslosen beträchtlich (siehe hierzu Hansjörg Zimmermann, besonders S. 6-11).

Das Geesthachter Stadtwappen zeigt übrigens eine stilisierte Kopfweide wie sie wohl H. Ziehl gepachtet hatte.

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