Kriegswechselmarken und Papiermark

BZ, 4. September 1922

Die Stadt Bergedorf hatte Mitte 1917 ihr eigenes Notgeld eingeführt, sogenannte Kriegswechselmarken, weil die Reichsbank bzw. die Münze mit der Prägung kleiner Münzen dem Bedarf nicht hinterherkam (siehe den Beitrag Bergedorfs achteckiges Geld). Offenbar war diese Bergedorfer Währung auch Jahre nach Kriegsende noch im Umlauf, denn erst jetzt gab der Magistrat bekannt, dass die Münzen nach dem 1. November 1922 ihre Gültigkeit als Zahlungsmittel verlieren sollten – bis dahin konnten sie gegen Reichsgeld eingetauscht werden.

Ob man mit diesen Münzen angesichts der Inflation überhaupt noch etwas anfangen, d.h. kaufen, konnte, ist fraglich – der Preis für das kleinste Bier (0,15 Liter) wurde laut einer Meldung vom selben Tage von den Gastwirten auf mindestens 8 Mark festgesetzt, ein Rundstück (Brötchen) sollte ab dem 2. September vier Mark kosten – generell wurden Preise offenbar jeweils in glatten Mark-Beträgen angegeben, nur beim Markenbrot wurden noch Pfennige genannt (BZ vom 31. August).

Damit hatte sich das Thema Kleingeldnot erledigt, und die Einziehung der Bergedorfer Kriegswechselmarken hatte vielleicht den Grund, eine Position der Stadtkasse zu schließen, vielleicht war aber auch der Zinkpreis so gestiegen, dass die Stadt hoffte, mit dem Recycling der Münzen einen Gewinn zu erzielen.

Bergedorfer Zeitung, 4. September 1922

Nachgefragt waren also nicht mehr Pfennige, sondern Geldscheine. Auch für diese war die Reichsbank zuständig, und trotz aller Bemühungen hatte sie Probleme, das Land mit ausreichend Papiermark zu versehen. Das machte sich auch in Bergedorf „bei Lohnzahlungen unangenehm fühlbar“, was im Klartext heißt, dass Löhne verspätet oder in Raten ausgezahlt wurden.

Die Reichsdruckerei produzierte wöchentlich mehrere Milliarden Mark, die offenbar nicht ausreichten. (Ob der Mangel wirklich an der Verschleppung von Tausendmarkscheinen ins Ausland lag, soll hier bezweifelt werden, obwohl der Reichsbank „Beweise“ angeblich vorlagen.) Immerhin wollte die Reichsbank nun mit der Ausgabe von Banknoten zu 50.000 und 100.000 beginnen, was größere Zahlungen sicher erleichterte (BZ vom 2. September).

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