Die gefährlichen Freileitungen

Curslacker Deich, ca. 1930

Die Ansichtskarte vom Curslacker Deich (um 1930) zeigt drei hölzerne Strommasten am Rande der Deichkrone, und zwischen den Masten spannten sich die (hier nicht erkennbaren) Stromleitungen. Die Ansicht lässt aber auch ein Problem erahnen: Bäume konnten in die starken Drähte hineinwachsen oder bei Sturm in sie hineinschlagen, was die Stromversorgung natürlich lahmlegte.

BZ, 27. Juli 1922

Damit das nicht passierte, forderte der Zweckverband, der eigens für die Stromversorgung der Vierlande und der Marschlande gegründet worden war, die Anlieger zur Ausästung der Bäume auf. Arbeiten auf Leitern, wie sie zum Schneiden von Ästen gebraucht werden müssen, sind immer mit Sturzgefahr verbunden –  Arbeiten auf Leitern in der Nähe stromführender Freileitungen noch gefährlicher, wie man aus einer aktuellen Publikation der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung gut ersehen kann. Deshalb sollten die Leitungen zeitweise stillgelegt werden, zwei Monate lang an jeweils zwei Wochentagen von 10 bis 17 Uhr. Das war keine knapp bemessene Spanne, aber der Grund erhellt sich aus dem letzten Satz der Bekanntmachung: in diese Zeit fiel auch die Obsternte, und da man seine Grundstücke gern bis zur äußersten Grenze ausnutzte, standen manche Obstbäume in gefährlicher Nähe zu den Stromleitungen.

 

BZ, 5. August 1922

Dagegen gab es offenbar Protest, wie die nächste Bekanntmachung zeigt: die Sperrzeit für Strom wurde von sieben auf vier Stunden an den betreffenden Tagen reduziert, denn die „Kraftstromabnehmer“ verfügten offenbar über so viel Einfluss und waren so zahlreich, dass sie die Korrektur erreichten und ihre Maschinen und Geräte weniger lange lahmgelegt wurden. Für die Obsternte und die Ausästung dürfte die Zeit auch so ausgereicht haben.

 

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