Bergedorf postalisch 3: Bergedorfs Briefmarken: Originale, Nachdrucke und Fälschungen

Die Zeit der eigenen Bergedorfer Briefmarken währte nur wenige Jahre, von 1861 bis 1867 (siehe den Beitrag Das Postwesen in Bergedorf 2), was diese Frankaturen zu beliebten Objekten der Briefmarkensammler-Leidenschaft machte und auch heute noch macht.

Der Traum eines Sammlers ist es wohl, alle Objekte seines Sammelgebietes zu besitzen. Sammler von Bergedorf-Briefmarken hatten es scheinbar leicht, dieses Ziel zu erreichen, denn es gab gerade einmal fünf Wertstufen. Aber mit diesen Marken war und ist es kompliziert.

Selbst wenn man sowohl ungestempelte Marken als auch gestempelte Marken und Briefe sammelt, reicht das eigentlich nicht, um ein großes Album damit zu füllen, doch weit gefehlt: ganze Bücher wurden von Philatelisten über diese Marken geschrieben (Literaturhinweise am Ende dieses Artikels), von denen Urdrucke, Probedrucke, Neudrucke, Nachdrucke und wohl auch schlicht Fälschungen existieren.

1861 wurden in den fünf Wertstufen 450.000 Marken gedruckt, und erstaunlicherweise wurden 1867, als das Ende nahte, noch einmal 100.000 produziert, die der Bergedorfer Postmeister Franz Paalzow en bloc zusammen mit dem Original-Druckstein an den belgischen Briefmarkenhändler Jean-Baptiste Moens verkaufte. Moens beschränkte sich nicht darauf, die von Paalzow erworbenen Marken zu verkaufen, sondern er ließ auch mehrfach Marken nachdrucken, die er ebenfalls in den Handel brachte.

„1½ Schilling“

„1½ Schillinge“

Bei einem der Werte unterlief dabei ein Missgeschick: eine der Original-Marken hatte die Wertangabe „1½ Schilling“ – auf einem der Nachdrucke stand „1½ Schillinge“.

Die Moens’schen Exemplare waren alle ungummiert, wodurch sie leicht als Nachdrucke zu erkennen waren. Das senkte natürlich den Preis, und so gingen einige Händler dazu über, die Marken nachträglich zu gummieren und manchen Sammler damit zu betuppen.

Auf diese Art wurde das scheinbar einfache Sammelgebiet doch noch zu einem unübersichtlichen, das philatelistischen Gutachtern reichlich Arbeit verschafft. Karl-Heinz Hornhues schreibt dazu (S. 9): „Eine Prüfung vor allem der Bergedorfer Briefmarken, aber auch der Bergedorfer Stempel auf Briefmarken fremder Postverwaltungen ist dringend anzuraten. Auch bei älteren Attesten ist eine erneute Prüfung ratsam, da diese nicht immer den Prüfungsstandards von heute gewachsen sind.“

Man wird davon ausgehen können, dass zwei im vergangenen Jahr versteigerte Briefe mit Bergedorf-Marken ordentlich geprüft worden waren: das Höchstgebot für den einen lag bei 65.000 €, für den anderen bei glatt 100.000 € (BZ vom 7. Oktober 2021). Der Autor dieses Artikels geht davon aus, dass die hier abgebildeten Marken, alle ungeprüft, keine Originale sind.

Beispiele für Bergedorfer Briefmarken

Literaturhinweise:

Zuerst ist hier der Internetauftritt des Briefmarkensammler-Vereins für Bergedorf und Umgebung von 1911 e.V. zu nennen, der u.a. die Festschrift zum 100. Vereinsjubiläum enthält. Interessant auch eine Schweizer Darstellung mit Abbildungen von Originalen, einem Einführungstext und einer Abhandlung zu den Moens’schen Drucken.

Karl Knauer schilderte zum 50. Jubiläum des Bergedorfer Vereins umfassend die Bergedorfer Postgeschichte – leider nur mit schwarz-weiß-Abbildungen. Zahlreiche farbige Abbildungen sind bei Karl-Heinz Hornhues zu finden.

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2 Antworten zu Bergedorf postalisch 3: Bergedorfs Briefmarken: Originale, Nachdrucke und Fälschungen

  1. Bernd Rumich sagt:

    Hallo, ich habe in Briefmarkenalben meines Vaters einen ganzen Satz ungestempelte Bergedorf Marken mit den Werten 1/2 Schilling, 1 Schilling, 1 1/2 Schillinge, 3 Schillinge und 4 Schillinge gefunden. Können Sie den Wert bestimmen ?

    Mit freundlichen Grüßen Bernd Rumich

    • Bernd Reinert sagt:

      Hallo Herr Rumich,
      da können Ihnen nur absolute Experten, wie sie z.B. im Bund Philatelistischer Prüfer zu finden sind, Auskunft geben. Dabei ist nicht auszuschließen, dass das Prüferhonorar den Wert der Marken um ein Vielfaches übersteigt, wenn es keine Originale sind. Erste Einschätzungen können Sie vielleicht bei einem der regelmäßigen Tauschtage des Briefmarkensammler-Vereins für Bergedorf und Umgebung von 1911 erhalten (https://www.bergedorf-briefmarken.de/).

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