Die schnellste Art der schriftlichen Nachrichtenübermittlung war vor hundert Jahren das Telegramm, das vom Telegraphenamt schriftlich aufgenommen, an das Telegraphenamt des Empfängers übermittelt und per Boten zugestellt wurde. (Zur Geschichte des Telegramms hat die Deutsche Post eine knappe Zusammenfassung mit historischen Beispielen erstellt.)
Die zu zahlenden Gebühren richteten sich nach der Länge: jedes Wort, auch Empfängername und -anschrift, musste einzeln bezahlt werden, und das animierte natürlich dazu, sich kurz zu fassen: Telegrammstil eben (siehe hierzu z. B. Alfred Schirmer, S. 155f.). Das führte offenbar zu „sprachwidrigen Wortbildungen“ à la „Kommesonntagfrüh“, die das Reichspostministerium strikt ablehnte: nur verbreitete Fachbegriffe durften in dieser verschmolzenen Form benutzt werden. So entstand u.a. das Wort „dringdrahtlich“ für ein Eiltelegramm, und auch die Telegrammadressen konnten abgekürzt werden, wenn der Empfänger dafür eine Pauschale zahlte – der Bergedorfer Fellhändler Karl König war telegraphisch der „Fellkönig“ (Anzeige in der BZ vom 28. November 1921).
Die Gebühren stiegen rasant: waren es im Oktober 1921 noch 50 Pfennig pro Wort, mindestens fünf Mark, so kostete es im Dezember bereits eine Mark, mindestens 10 Mark, und ein knappes Jahr darauf zehn Mark Wortgebühr plus 20 Mark Grundgebühr (BZ vom 14. Oktober und 13. Dezember 1921 sowie vom 15. November 1922).
Auch in das gesprochene Wort mischte sich die Post ein: besonders bei Telefonaten war die korrekte Aussprache von Zahlen von großer Bedeutung, denn man konnte ja nicht selbst wählen: ein Telefonat begann mit dem Abnehmen des Hörers von der Gabel, bei Wandgeräten zusätzlich mit einmaligem Drehen der Kurbel, und wenn sich die Vermittlung meldete, nannte man dieser nach der eigenen Nummer den Gruppennamen (z.B. Elbe, Hansa, Merkur, Bergedorf) und die Rufnummer des bzw. der Anzurufenden, die die bzw. der Vermittlungsbedienstete wiederholte, und da war es halt wichtig, dass man sich über die Aussprache der Zahlen einig war. Nun war manches anders: hieß es 1920 laut Verzeichnis der Teilnehmer an den Fernsprechnetzen im Oberpostdirektionsbezirk Hamburg Juli 1920 noch „tzwo“ und „tzwölf“, so hieß es nun „zwo“ und „zewwolf“, und das kurze u der Null sollte als langes u gesprochen werden, wie auf den Einleitungsseiten des Amtlichen Fernsprechbuchs für den Oberpostdirektionsbezirk Hamburg vom Oktober 1921 angegeben; 1922 trat keine erneute Änderung ein.
Ob durch die Umstellung die Zahl der Falschverbindungen zurückging oder sogar (zumindest vorübergehend) stieg und wie falsche Aussprache der Zahlen sanktioniert wurde, ist unerforscht. Das heutige Telefonbuch kommt ohne Aussprachevorschriften aus.