Im eigenen Hausflur überfallen, niedergeschlagen und ausgeraubt – das geschah einem Vertreter, der gerade mit viel Bargeld von einer wohl dienstlichen Reise zurückkehrte. Das Opfer war Richard Strauß, der 1920 das Bergedorfer Adressbuch herausgegeben hatte und nun als Generalvertreter der „Landwirtschaftlichen Umschau“ tätig war.
Einige Tage später las es sich anders: Strauß hatte den Überfall nur vorgetäuscht, um das der Firma gehörende Geld zu unterschlagen, wie er nach „anfänglichem hartnäckigen Leugnen“ den Polizisten gestand.
Die Polizei hatte „von vornherein berechtigte Zweifel“ an Strauß‘ Darstellung gehegt, denn unumstritten war er nicht: in einer Versammlung des Landwirtschaftlichen Vereins war bereits „vor den Machenschaften der ‚Landwirtschaftl. Umschau‘ und ihres Vertreters gewarnt“ worden (BZ vom 12. Juli 1921).
Zweimal war die Landwirtschaftliche Umschau im Anzeigenteil der BZ erschienen: Inserenten waren Landwirte aus Curslack, die als Abonnenten der Umschau über deren Vertreter Rudolf Strauß eine Entschädigungszahlung für jeweils ein Rind erhalten hatten, das in einem Graben ertrunken war. Die Höhe der gezahlten Entschädigung richtete sich dabei nach der Zahl der Abonnements, die der jeweilige Bauer abgeschlossen hatte – und das war das Geschäftsmodell der Umschau: man abonnierte sie und erhielt dann gegebenenfalls eine Zahlung für verunglücktes Vieh, schloss also eine Art Viehversicherung ab. Für den „Versicherer“ lag der Vorteil vermutlich darin, dass er sich mit diesem Konstrukt um die staatliche Aufsicht herummogelte, die seit 1901 bestand (Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901): die Kunden schlossen ja nur ein Zeitschriften-Abo ab, und der großzügige Verlag half seinen Abonnenten im Notfall.
Ob es diese von Herrn Strauß beworbene Zeitschrift gab, ist nicht sicher. Zwar findet man im Gemeinsamen Verbundkatalog von über 1.000 Bibliotheken eine in Magdeburg verlegte Zeitschrift gleichen Namens, aber diese hatte 1915 ihr Erscheinen eingestellt, aus den folgenden zwei Jahrzehnten gibt es keinen Nachweis. Allerdings ist im Branchenverzeichnis des Hamburger Adressbuchs 1921 unter „Verlagsanstalten“ ein passender Eintrag zu finden, der aber wohl eigentlich in eine Kategorie „Bauernfängerei“ gehört hätte.