Was sollte man tanzen? Nach Meinung der BZ jedenfalls keine ausländischen Tänze, denn: „Der Tanz eines Volkes zeigt dessen Charakter“, und: was da aus Amerika an „Niggertänzen“ und „Tiertänzen“ kam, mit grotesken Bewegungen und wilden Attitüden, zielte auf das Grobsinnliche und führte nicht selten dazu, „daß der Boden … plötzlich von Blut triefte, daß Dolch und Revolver die Gitarren und Geigen ablösten (Tango).“ In scharfem Kontrast dazu stand „die Harmlosigkeit der deutschen Volks- und Reigentänze“ und die Hoffnung auf „die edlere Jugend“, die die undeutschen Tänze angeblich ablehnte.
Ob der Artikel wörtlich aus der Zeitschrift „Die Tanzschule“ übernommen worden war oder nur eine Zusammenfassung lieferte, lässt sich nicht feststellen – aber mit diesem Text konnte die BZ Rassismus und Ausländerfeindlichkeit einmal so richtig austoben: das war das Gegenteil von harmlos.
Bergedorfs Tanzschulen waren toleranter gegenüber Neuem, wie aus ihren Anzeigen hervorgeht: alle drei boten in ihren Kursen moderne Tänze an; Georg Lampe gab sogar einen „Spezialkursus“ mit ausschließlich modernen Tänzen (BZ vom 8. September), und nicht nur die Jugend war so verkommen, dass sie derartiges lernen wollte: in einer weiteren Annonce kündigte Ferdinand Meyer einen „Kursus für moderne Tänze für gesetztere Damen und Herren und Ehepaare“ im Bellevue an (BZ vom 5. Dezember), dem feinsten Haus am Platze.
Es gab aber auch „deutsche“ Angebote: die Fichte-Hochschule Bergedorf und die Wehrloge Dietrich Schreyge warben für ihre Volkstanzkurse, die Wehrloge tanzte sogar barfuß (BZ vom 28. September und 17. Oktober), hoffentlich auf splitterfreiem Boden, damit dieser nicht blutbefleckt wurde.
Aus den zahlreichen Inseraten für Tanzkränzchen, Fest- und andere Bälle lässt sich nicht entnehmen, was jeweils getanzt wurde – und nur einmal wurde über eine „wüste Schlägerei“ bei einer Tanzveranstaltung berichtet, aber ob Shimmy, Hiawatha, Tango oder anderes praktiziert wurde, ist unbekannt.