Die Wohnungsluxussteuer

BZ, 7. Mai 1921

Dem Wohnungsmangel wollte Bergedorfs Magistrat mit Neubauprojekten, mit Zwangseinquartierungen und nun auch mit einer Wohnungsluxussteuer begegnen, von der man sich durch die Vermietung von Räumen befreien konnte – das erklärt den „Aufmacher“ dieser Suchanzeige einer Gewerbelehrerin.

Bergedorfer Zeitung, 25. April 1921 (gekürzt)

Im April hatte der Magistrat seinen Verordnungsentwurf für diese neue Steuer vorgelegt, aus deren Aufkommen die Zinsen für die Neubauten am Grasweg gezahlt werden sollten. Die Bergedorfer Zeitung befürchtete als Konsequenz der Regelung, „daß zahlreiche Familien sich entgegen den Forderungen der Hygiene zusammenpferchen“ (ebenfalls BZ vom 25. April), doch sowohl die Sozialdemokraten, die Liberalen der DDP und die Bürgerlich-Konservativen in der Stadtvertretung waren damit prinzipiell einverstanden – die Ausgestaltung und Höhe der Abgabe waren aber höchst kontrovers, und es wurde zunächst eine Kommission eingesetzt, bestehend aus zwei Magistratsmitgliedern und fünf Bürgervertretern (BZ vom 30. April).

Bergedorfer Zeitung, 7. Mai 1921 (gekürzt)

Die Kommission arbeitete zügig und legte bereits nach einer Woche ihre Vorschläge vor, denen das Plenum nur teilweise folgte: „Es regnete Abänderungs- und Zusatzanträge“, schrieb die BZ – durchsetzen konnten sich nur die der SPD, die durchweg Verschärfungen zum Inhalt hatten: statt einer Geldstrafe von 18 Mark bei Nichtzahlung der Steuer wurde festgelegt, dass bei verspäteter Zahlung „Zuschläge bis zum doppelten Betrag“ der Steuerschuld zu entrichten seien. Auch sollten Wohnräume von mehr als 30 Quadratmetern als zwei Räume gezählt und Kinderzimmer nur teilweise angerechnet werden. Das alles führte dazu, dass auch die DDP, ansonsten Partner der SPD, die Vorlage ablehnte (ebenfalls BZ vom 7. Mai).

In Kraft treten konnte der Beschluss aber nicht, denn die Landherrenschaft verweigerte die Genehmigung, weil Dienstwohnungen nicht mit dieser Steuer belegt werden dürften (BZ vom 18. Mai), und auch nachdem die Bergedorfer dies geändert hatten (BZ vom 8. Juli), konnte sie nicht wirksam werden – die Verordnung bedurfte nach dem Reichs-„Gesetz über die Erhebung einer Abgabe zur Förderung des Wohnungsbaues“ einer landesrechtlichen Ermächtigung, die aber nicht beschlossen werden konnte, da die Reichsregierung zunächst Grundsätze für das Landesrecht aufstellen musste, was noch nicht geschehen war (BZ vom 13. August). Drei Monate später konnte die Bürgerschaft das Landesgesetz beschließen (BZ vom 1. Dezember).

Ob in Bergedorf noch 1921 wie beschlossen rückwirkend ab dem 1. April die Steuer erhoben wurde, war genauso wenig festzustellen wie der Erfolg der Wohnungssuche der Gewerbelehrerin.

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