Bergedorf ändert sich

Bergedorfer Zeitung, 4. Juni 1914

Bergedorfer Zeitung, 4. Juni 1914

Der Abriss dieses Hauses ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: es war zum einen ein „Ackerbürgerhaus“, das als typisch für den historischen Bergedorfer Kern gelten kann: zwar hatte Bergedorf 1275 das (lübische) Stadtrecht erhalten, aber für viele seiner Einwohner blieb Landwirtschaft über Jahrhunderte der Haupterwerbszweig. Das hier beschriebene „Wohltorfsche Haus“ genügte aber nicht (nur?) wegen seines hohen Alters nicht mehr den Bedürfnissen und Ansprüchen der Nutzer: dass der Handel in der örtlichen Wirtschaft an Bedeutung gewonnen hatte, ist am nachträglich ins Haus gekommenen Laden zu erkennen – der Neubau dürfte vor allem für Laden- und Wohnzwecke geplant worden sein.

Der im Artikel genannte „heimatliche Geschichtsforscher Dr. Voigt“ (Johann Friedrich Voigt) publizierte seine Erkenntnisse über dieses Haus im Jahresbericht 1912/13 des „Vereins für Vierländer Kunst und Heimatkunde“, S. 23 – 25. Dort finden sich auch eine Abbildung des Hauses sowie eine Grundrisszeichnung:

Ansicht

Bemerkenswert ist dieser Abbruch auch, weil es das erste Mal war, dass ein Neubau sich an der für den Hauptstraßenzug Große Straße/Sachsenstraße (heute Sachsentor) festgelegten Baufluchtlinie ausrichten sollte und somit die moderne Stadt- und Verkehrsplanung in der wachsenden Stadt Bergedorf zur Anwendung kam.

Grundriss

Beide Abbildungen aus: Jahresbericht 1912/13 des Vereins für Vierländer Kunst und Heimatkunde (Museum für Bergedorf und die Vierlande)

 

Viele weitere Abrisse folgten in den nächsten Jahrzehnten, auch „Durchbruchstraßen“ wurden angelegt und der Stadtgraben zugeschüttet, denen zahlreiche historische Bauwerke und malerische Winkel zum Opfer fielen, wie die Abbildung im Blog-Artikel Der Blickgraben zeigt. Eine Stadtsanierung war zweifellos erforderlich, aber ein behutsames Vorgehen in kleinen Schritten war offenbar nicht das Ziel der damals Verantwortlichen.

 

 

 

 

 

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