Die Rückkehr des Religionsunterrichts

Bergedorfer Zeitung, 24. Dezember 1920

Kurz nach der Revolution 1918 war durch eine Verordnung des Arbeiter- und Soldatenrats der Religionsunterricht an den Hamburger Schulen abgeschafft worden – nun wurde er auf freiwilliger Basis wieder eingeführt, was bei den meisten Eltern in Bergedorf auf Zustimmung stieß: etwa 75 Prozent der Kinder an den Stadtschulen wurden fristgemäß angemeldet, und es gingen noch Nachmeldungen ein.

Mehrfach versuchten die evangelische Kirche und Bürgerschaftsfraktionen, diesen Unterricht wieder einzuführen, doch der Senat und die Bürgerschaftsmehrheit hatten dies jeweils verhindert (z. B. BZ vom 6. Februar, 8. und 13. März 1920), obwohl nach Artikel 149 der Reichsverfassung der Religionsunterricht „ordentliches Lehrfach der Schulen“ war – außer an den „bekenntnisfreien (weltlichen) Schulen“, die auf Antrag der Elternschaft eingerichtet werden konnten, sofern dies den (Regel-)Schulbetrieb nicht beeinträchtigte (Artikel 146 und 149).

Die Auseinandersetzung landete vor dem Reichsgericht, das in einem vergleichbaren Fall (Sachsen) schlicht entschied: Reichsrecht bricht Landesrecht (BZ vom 22. November 1920). Jetzt hatte Hamburg endgültig jeden Spielraum verloren, und der Senat beschloss, sich dem Urteil zu beugen (BZ vom 1. Dezember 1920).

Die Gegner des Religionsunterrichts gaben aber nicht auf:

Bergedorfer Zeitung, 7. Dezember 1920

Bergedorfer Zeitung, 20. Dezember 1920

 

 

 

 

 

Ohne Debatte ging es auch in Bergedorf nicht:

Bergedorfer Zeitung, 21. Dezember 1920

Auf Einladung der Elternräte der Stadtschulen warb der Hamburger Lehrer Henningsen für die weltliche Schule; er fand laut Bericht bei den Sozialdemokraten Struve, Friedrich Frank und Pappenhagen und dem „Unabhängigen“ Seß Unterstützung, während Dr. Schwabe (vermutlich der Oberlehrer  Joh. R. Schwabe, Wentorfer Straße 111, siehe Hamburger Adressbuch für 1920) ihm ebenso widersprach wie der Bergedorfer Lehrer Matthießen. Die Abstimmung der Zuhörer erfolgte mit den Füßen: viele gingen vor Ende der Veranstaltung.

Angesichts der Anmeldezahlen kann man davon ausgehen, dass an allen Stadtschulen, an den höheren Schulen sowieso, im neuen Jahr dieses zugleich alte und neue Lehrfach aufgenommen wurde. Zur Gründung einer weltlichen Schule kam es nicht.

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