Kunst zum Verschenken: die Weihnachtsausstellungen

Die Zeit des Schenkens rückte unerbittlich näher, und manch ein Bergedorfer bildender Künstler hoffte, durch den Verkauf eigener Werke auch selbst Weihnachtsgeschenke kaufen zu können. Ob das gelang, ist nicht bekannt.

Bergedorfer Zeitung, 13. Dezember 1920

Ernst Timm aus Ober-Billwärder hatte seine Ausstellung von Ölbildern, Aquarellen und Zeichnungen bereits am 1. Dezember eröffnet (Anzeige in der BZ vom 30. November) – nun verlängerte er bei erweiterten Öffnungszeiten, und auch im redaktionellen Teil wurde für ihn geworben: „Eine Anzahl dieser Bilder dürften (sic!) als Weihnachtsgeschenke geeignet sein“, schrieb die BZ am 4. Dezember, und in einer weiteren Kritik schrieb der Bergedorfer Frederic de Hase unter anderem, dass „um ein endgültiges Durchsetzen des Künstlers einem gewiß nicht bange zu sein braucht.“ (BZ vom 15. Dezember)

Bergedorfer Zeitung, 3. Dezember 1920

Hatte der nach de Hase „kraftvoll aufstrebende Künstler“ Timm den Weg der Einzelausstellung im Hotel Stadt Hamburg gewählt, so stellten andere gemeinschaftlich im Ausstellungspavillon am Bahnhof aus, den Hermann C. Witt Ende September mit Möbeln, Hausrat und Kunst eröffnet hatte (BZ vom 28. September). Die Künstler hatte Witt per Annonce im November angeworben (BZ vom 6. November).

Ansichtskarte von 1925: „Bergedorf. Blick vom Schleusengraben. Nach einer Federzeichnung von Max Lobusch.“

Von den sich beteiligenden Malern und Graphikern sind heutigen Bergedorfern die Namen Franz Liebisch und vor allem Max Lobusch vertraut (siehe die Kurzbiographien in Gerd Hoffmann/Bruno Hoeft, S. 156f.) – die anderen, Timm eingeschlossen, sind nahezu in Vergessenheit geraten: Anfragen im Museum für Bergedorf und die Vierlande und im Kultur- und Geschichtskontor Bergedorf ergaben totale Fehlanzeige: weder Namen noch Bilder sind in den Datenbanken verzeichnet, ebenso im Bergedorfer Personenlexikon.

Über Ernst Timm war in Erfahrung zu bringen, dass er 1921 (wie auch Karl Bohnsack, Zeichenlehrer an der Hansaschule) einen Kursus „Zeichnen und Malen im Freien“ leitete, der unter der Ägide der Fortbildungsschule der Allgemeinheit (gegen eine Gebühr von 48 Mark) offenstand (BZ vom 26. März 1921). Auch wurde zu einem Fest der Bergedorfer Turnerschaft von 1880 der Festsaal in Baumanns Gesellschaftshaus nach Entwürfen Timms ausgestattet (BZ vom 8. Juni 1921), und in einem frühen Lichtwarkheft (Sonderheft Nr. 2, 1950, S. 10-11) sind zwei eher traditionelle Vierländer Motive aus der Hand Timms abgebildet.

Bergedorfer Zeitung, 9. Dezember 1920

Nicht in Bergedorf dokumentiert, dennoch präsent, ist Martin Irwahn, der in Witts Pavillon eine „Sonderausstellung“ in einem separaten Raum hatte, für die er zusätzlich in einer eigenen Anzeige warb (BZ vom 7. Dezember). Über ihn hieß es in der Kritik von „E.H.“, dass er „kein unbedeutendes Schaffen vor sich haben“ werde, und diese Prognose war durchaus zutreffend, wie man den Angaben zu Irwahn bei Wikipedia entnehmen kann – aus Bergedorfer Sicht besonders nennenswert ist seine Tätigkeit in den frühen 1920er Jahren als Leiter der Malerei der Luxuskartonagenfabrik Max Armbruster, die u.a. handbemalte Bonbonnieren herstellte (Lichtwarkheft Nr. 52, Dezember 1988, S. 41-45).

Im Straßenbild Lohbrügges ist Irwahn mit mehreren Bronze-Skulpturen aus seinen späten Schaffensjahren vertreten, zum Beispiel:

Martin Irwahn: Lesender Knabe (1966), vor Ladenbeker Furtweg 14 (Aufnahme September 2020)

 

 

Dieser Beitrag wurde unter Bergedorf 1920 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert