Der Brotverteilungsverein Bergedorf versorgte Bedürftige mit Brot. Er war nicht etwa in bzw. aus der Not der Kriegs- oder Nachkriegsjahre entstanden, sondern hatte eine lange Historie: im Museum für Bergedorf und die Vierlande liegen Unterlagen des Vereins ab dem Jahr 1830 vor. Die Einrichtung stand also in der Tradition bürgerlicher Wohltätigkeit, und so begrüßenswert diese war und ist, so zeigt sie zugleich die schlechten Lebensverhältnisse jener Jahre, siehe den Beitrag Das Elend in Bergedorf.
Das finanzielle Engagement der Bergedorferinnen und Bergedorfer für den Verein war gering: im Berichtsjahr 1919/1920 ergab die Haussammlung gerade einmal 725 Mark – bei einer Haussammlung für das Projekt „Kinder in Not“ im November 1920 kamen in der Stadt fast 20.000 Mark zusammen (BZ vom 29. November 1920). In den Jahren zuvor hatte der Verein sogar noch geringere Einnahmen, konnte aber wohl mehr „bedürftige alte Frauen“ unterstützen: 1914/1915 konnten für 637,10 Mark 1.414 Brote gekauft werden (BZ vom 16. November 1915), im aktuellen Jahr kosteten die 940 verteilten Brote 1.761,76 Mark – der Brotpreis hatte sich also mehr als vervierfacht.
Bis zu seinem Weggang aus Bergedorf hatte Bürgermeister Dr. Walli an der Spitze des Vereins gestanden, ihm folgte Ratmann Bauer (BZ vom 3. Dezember 1918 und 3. Dezember 1919), doch für beide scheint der Vorsitz nur eine lästige Pflichtaufgabe gewesen zu sein, für die keine besonderen Aktivitäten entfaltet wurden – eine Herzensangelegenheit war ihnen der Verein nicht.