Die Klassengesellschaft auf dem Bergedorfer Friedhof

Bergedorfer Zeitung, 2. Oktober 1920

Ein „Waldgrab“ kostete 1920 auf dem Bergedorfer Friedhof 800 Mark pro Grabstelle; ein Grab „in bevorzugter Lage“ kam mit 400 Mark deutlich günstiger, andere Gräber kosteten 300 Mark. Für weniger Wohlhabende gab es die Möglichkeit, zu geringeren Gebühren auf 25 bzw. 50 Jahre zu pachten; für ein „allgemeines“ Grab, also eines der untersten Kategorie, waren keine Grabstellengebühren zu entrichten. Der Anstieg der Gebühren war rasant: 1917 hatte man ein Waldgrab auf Friedhofsdauer noch für 150 Mark erwerben können (BZ vom 28. Januar 1918 und 31. März 1920).

„Allgemeine“ Gräber in der Tradition der Armenfriedhöfe waren von diesen Gebühren befreit, aber nicht völlig kostenfrei: in jedem Falle musste eine Gebühr für die Grabherstellung entrichtet werden, und hier gab es Streit: wegen der um über vierzig Prozent gestiegenen Löhne für die Friedhofsarbeiter forderte der Magistrat eine Heraufsetzung dieser Gebühren, nämlich in allen Kategorien gleich um fünfzig Prozent, aber das stieß auf Widerspruch bei der sozialdemokratischen Fraktion: sie wollte „eine Aenderung, die der Allgemeinheit mehr dienen werde“, nämlich in der untersten Kategorie eine geringere Erhöhung um ein Drittel, dafür in den beiden höchsten Stufen eine Verdopplung bzw. Verdreifachung, und so wurde dann beschlossen.

Die Klassenunterschiede bestanden nicht nur fort – sie hatten sich verschärft.

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