Der Mann war wahrscheinlich gerade zu einer längeren Haftstrafe verurteilt worden oder befürchtete ein solches Verdikt am nächsten Prozesstag. So ergriff er die Flucht – am Ende vergebens.
Sein Gerichtsverfahren war wohl anders verlaufen (und ausgegangen) als er gehofft hatte – sonst hätte er keinen Fluchtversuch unternommen, der durch das Eingreifen mehrerer Bergedorfer scheiterte. Was den Mann veranlasste, noch kurz im Schlamm des Schlossgrabens zu verweilen, bevor er zu seinem Aufseher zurückkehrte, ist unbekannt: vielleicht war es Frust, vielleicht Entkräftung oder Atemnot; für ein Heilbad war der Schlamm jedenfalls nicht tauglich. So gelangte er also wieder ins Gefängnis aus dem 19. Jahrhundert, das an der Stelle stand, wo sich heute das Gemeindehaus der St. Petri-und Paulikirche befindet (Bergedorfer Schlossstraße).
Über die Geschichte der Bergedorfer Gefängnisse berichtet detailreich Martin Knorr im Lichtwarkheft Nr. 43 (1980), S. 49-53: die ersten Kerker befanden sich im Schloss und hatten sicher eine noch geringere Aufenthaltsqualität als das damals aktuelle: es gab Zellen im Kellergewölbe des Zwingers, „Immenrump“ (Bienenkorb) genannt, und unter dem Nordwestflügel des Schlosses den „Rauten-König“ (der 2,5 m lange Lichtschacht zu diesen Zellen besteht noch: ein kleines vergittertes Fenster zum Innenhof – hierzu Olaf Matthes, S. 114f.). Weiter nennt Knorr das „Backhaus“ und den „Bullenstall“, die aber nicht eindeutig zu lokalisieren sind. In seinen Jugenderinnerungen aus den 1820er Jahren beschreibt Friedrich Stoffert einen großen viereckigen Turm an der Südwestseite des Schlosswalls, der auch als Gefängnis diente: „Wie manche Ecken des Schlosses trug auch dieser Turm bedeutende Spuren des Alters. Es mochten auch viele Jahrhunderte über ihn dahingegangen sein, denn die klaftertiefen Mauern waren stellenweise so zerbröckelt, daß man wie auf Stufen daran hinaufsteigen konnte.“ (S. 31)
All diese Zellen waren 1838 aufgegeben worden, als der Neubau an der Schlossstraße bezogen werden konnte. Er wurde mehrfach umgebaut und erweitert, bis 1927 das neue Amtsgerichtsgebäude mit Gefängnisanbau bezogen werden konnte. Von da an führte der Weg vom Gerichtssaal zur Haftanstalt nicht mehr über eine öffentliche Straße, was ein Entweichen sicher erschwerte.