Nur an Schulen mit weniger als sechs Klassen wird heute in Hamburg der Elternrat in einer Elternversammlung direkt gewählt, ansonsten erfolgt nach Hamburgischem Schulgesetz § 73 (2) die Wahl in einer Versammlung der Klassenelternvertreterinnen und -vertreter. Das war vor hundert Jahren anders.
Der Wahltag war ein Sonntag, und die Stimmabgabe erfolgte schriftlich. Zwar war es eine Listenwahl nach Grundsätzen der Verhältniswahl, aber es waren freie Listen – die Eltern konnten also bei der Stimmabgabe panaschieren, d.h. Listen „mischen“; Stimmenhäufung war dagegen nicht erlaubt. Damit eine Liste zugelassen wurde, musste sie 20 Unterstützungsunterschriften aufweisen.
Schulfragen waren 1920 wesentlich stärker als heute politische Fragen, was sich auch in den Kandidatenlisten widerspiegelte: fast überall gab es eine Liste der SPD, eine der USP und eine, die sich als „unpolitisch“ bezeichnete, und es gab einen richtigen Wahlkampf, der sich in der BZ in Sprechsaal-Beiträgen (BZ vom 15. Mai) und Anzeigen niederschlug – Inserate der SPD und vielleicht auch der USP dürften im Bergedorf-Sander Volksblatt zu finden gewesen sein.
An der Hansaschule nahmen beide Listen für sich in Anspruch, „unpolitisch“ zu sein und Parteipolitik aus der Schule heraushalten zu wollen, aber tatsächlich hatten beide eine politische Richtung: der eine Listenführer Rück gehörte zur reformorientierten DDP, sein Widerpart Albert Zimmermann war der DNVP zuzurechnen. Es ist zu vermuten, dass die „unpolitischen“ Listen an den Stadtschulen konservativ-bürgerlichen Kreisen zuzurechnen waren.
Die Wahlbeteiligung war mäßig, in Bergedorf lag sie bei etwa 33 Prozent (in Zollenspieker bei 17, 4 Prozent, BZ vom 21. Mai). Der Wahlsieg der SPD war klar, aber nicht ungetrübt, denn an der Knabenschule am Birkenhain hatte sie es versäumt, die nötigen 20 Unterschriften zu beschaffen, und wurde folglich nicht zugelassen. An der Hansaschule gab es keine SPD-Kandidaten – sie wären wohl auch chancenlos gewesen – aber eine Überraschung: der Spitzenkandidat der „Liste Zimmermann“ erhielt nicht genug Stimmen und war damit nicht gewählt; ob sein Einsatz für die Fichte-Hochschule, für die Vaterlandspartei oder sein stadtbekannter Antisemitismus dabei eine Rolle spielten, war nicht zu klären.
Die USP Bergedorf wird enttäuscht gewesen sein – ihre Geesthachter Genossen hingegen nicht: an der Knabenschule erreichte sie fünf, an der Mädchenschule vier der neun Sitze, die SPD je zwei, und die weiteren Sitze gingen an die Liste des Bürgervereins (BZ vom 17. Mai).