Der Kapp-Putsch (Teil I): Aufregung auch in Bergedorf

Bergedorfer Zeitung, 13. März 1920

 

Bergedorfer Zeitung, 13. März 1920

Es ist ungewöhnlich, dass einer Zeitung das Erscheinen verboten wird, weil sie eine amtliche Bekanntmachung abdruckt – aber genau das passierte der Bergedorfer Zeitung.

Am Sonnabend, dem 13. März, hatten in den frühen Morgenstunden in Berlin putschende Militäreinheiten um den Landschaftsdirektor Kapp und den General Lüttwitz die Reichsregierung für abgesetzt und die Nationalversammlung für aufgelöst erklärt; Kapp und Lüttwitz riefen sich zum Reichskanzler bzw. militärischen Oberbefehlshaber aus. Der Hamburger Garnisonälteste Oberst von Wangenheim erklärte daraufhin, dass er sich den neuen Machthabern unterstelle und die Macht in Hamburg übernehme. Er drohte allen, die die neue Ordnung stören wollten, mit rücksichtsloser Waffengewalt, wie die BZ-Leser und Leserinnen aus den Bekanntmachungen erfuhren.

Die Nachricht vom Putsch erreichte bereits vormittags Hamburg, und sofort setzte der Widerstand ein: mittags gab es eine Sondersitzung des Senats, am Abend wurde von der Bürgerschaft mit Zustimmung des Senats ein „Ausschuss“ aus sechs Personen (je zwei SPD, DDP und USP) eingesetzt, der die Gegenbewegung organisieren sollte: Generalstreik! (Wangenheim erklärte daraufhin auf Weisung der Kapp-Regierung Senat, Bürgerschaft und „Ausschuss“ für abgesetzt, was diese aber nicht davon abhielt, weiter zu amtieren.) Darstellungen der Hamburger Ereignisse finden sich knapp zusammengefasst bei Ursula Büttner (S. 98-104) und detailliert bei Hans-Dieter Loose, zu den Geschehnissen im Reich z.B. bei Heinrich August Winkler (S. 109-142).

Als die Bergedorfer Zeitung am Nachmittag erschien, wird sie von der Gegenbewegung bereits Kenntnis gehabt haben – aber sie beschränkte sich auf die Wiedergabe der Bekanntmachungen von Wangenheim und Kapp, zitierte allerdings Berliner Pressestimmen, die den Putsch verurteilten. Über die Lage in Hamburg verlor sie kein Wort, ebenso über Bergedorf.

Doch auch in Bergedorf gab es Widerstand, hier wurde eine „Exekutive“ gebildet, die dem Hamburger „Ausschuss“ entsprach und die das Erscheinen der BZ untersagte: da die Beschäftigten der Zeitung dem örtlichen Aufruf zum Generalstreik folgten, war das Erscheinen des Blattes am folgenden Montag, dem 15. März, also gleich aus zwei Gründen unmöglich.

Als die BZ dann am Dienstag, dem 16. März, wieder erscheinen durfte, war Wangenheim bereits abgesetzt, das Ende des Generalstreiks beschlossen, die Wiederaufnahme des Schulunterrichts angekündigt. Aber es müssen aufregende Tage in Bergedorf gewesen sein, die sich aus Zeitungsberichten der nächsten Tage teilweise rekonstruieren lassen, was in einem Beitrag in der folgenden Woche geschehen soll. Doch eines vorweg: die auf Initiative des USP-Redners Carl Seß beschlossene Resolution zur Errichtung einer „Arbeiterrätediktatur“ (siehe unten) hatte ebenso wenig Erfolg wie letzten Endes der Kapp-Putsch.

Bergedorfer Zeitung, 16. März 1920

Bergedorfer Zeitung, 16. März 1920

 

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