Die Siedlung für Kriegsbeschädigte auf der Domäne Riepenburg und die Riepenburg

Bergedorfer Zeitung, 2. März 1920

Das schien mehrfach erfolgversprechend: Hamburg unternahm Schritte gegen die Wohnungsnot, konnte auf staatseigenen Flächen Kriegsbeschädigte ansiedeln, die als Gemüsebauern einen Beitrag zur Abmilderung der Lebensmittelknappheit leisten sollten, und mit der Vergabe der Flächen in Erbpacht sicherte die Stadt sich langfristig Einnahmen.

Die Zahl der zu schaffenden Siedlerstellen war allerdings bescheiden, obwohl die Grundstücke kleiner geschnitten waren als im Artikel mit „3 bis 6 Morgen“ angegeben: es waren 1 bis 1,5 Hektar (zur Problematik der Umrechnung siehe den Beitrag Langlebige Ruten), die der Senat für die 26 bis 28 Parzellen bei der Riepenburg vorsah (siehe Verhandlungen zwischen Senat und Bürgerschaft 1919, S. 995; zur Bojewiese ebd., S. 407f.). Dass hierbei „vor allem Kriegsbeschädigte zu berücksichtigen“ seien, war eine Maßgabe der Bürgerschaft, in der ja mit dem SPD-Abgeordneten Projahn aus Altengamme ein Vierländer vertreten war.

Es wurden sogar drei Erschließungsstraßen gebaut: „Krummer Hagen“ und „Ribenweg“ nahmen den gerade aufgeworfenen Marschbahndamm quasi in ihre Mitte; weiter nördlich wurde der „Zweite Fersenweg“ angelegt. Die neue Bahnstrecke sollte nach den Planungen bis zum Hamburger Deichtormarkt führen, was für die Gemüseerzeuger der Siedlung Riepenburg ideal gewesen wäre, doch im Beitrag zur Hamburger Marschbahn ist nachzulesen, dass es (oder dass sie, die Bahn) so weit nicht kam.

Der Krumme Hagen wurde vermutlich nach einer alten Flurbezeichnung benannt; der Name Ribenweg verweist auf die Geschichte des Ortes, die ausführlich von Simone Vollstädt und knapper von Martin Knorr geschildert wird: ein Ritter Hermann Ribe wurde 1289 als Herr der an der Elbe gelegenen Burg genannt (daher der Name Riepenburg). Zwar wurde die Burg selbst 1506 wegen Baufälligkeit abgerissen, doch die zugehörigen über 100 Hektar blieben bis 1880 (Verkauf der Riepenburger Mühle mit 7 Hektar Land) als landwirtschaftlicher Betrieb zusammen, bis eben 1920 die „Aufschließung“ begann – auf einer Karte bei Vollstädt (S. 44) sind diese Flächen gut zu erkennen. Das 1853 errichtete Wohnhaus der Domäne steht noch, ist aber deutlich verändert und in zumindest äußerlich schlechterem und verhunztem Zustand als auf den folgenden Bildern:

Wohnhaus und Park der Domäne Riepenburg, gestempelt 1925 (Sammlung Söhnke Marquardt)

Die der Domäne verbliebenen Flächen werden weiterhin landwirtschaftlich genutzt. Die noch vorhandenen Überreste des Ringwalls und des geschrumpften Turmhügels der Burg sind als Bodendenkmal geschützt. Nach den Worten des Senats gehört die Anlage „zu den bedeutendsten Bodendenkmälern Hamburgs“ (Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Dennis Gladiator, Drucksache 21/20208).

Turmhügel der Riepenburg, März 2020

Wahrnehmbar ist das Bodendenkmal aber erst, wenn man direkt zwischen Wall und Hügel steht. Dort befindet sich auch eine Informationstafel des „historischen und naturkundlichen Rundwegs Zollenspieker“ mit kurzem Text und Abbildungen zur Geschichte der Burg. Das Foto zeigt, dass die Anlage zwar sehr naturnah ist, die Struktur der Überreste der Befestigung unter Bäumen und Büschen hingegen nahezu verschwindet und der natürlichen Sukzession überlassen ist. Das tut weder dem Denkmal gut noch seiner Sichtbarkeit.

Schade.

 

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