Die Verlegung der Dampfheizung der Kirchwärder Kirche ins Kircheninnere wäre nicht erwähnenswert, wäre damit nicht die Umgestaltung des sogenannten Brauthauses verbunden gewesen: in diesem Zugangsraum zur Kirche wurden „neun der größten bisher auf dem Kirchhofe befindlichen Grabsteine“ aufgestellt. (Der größte dieser „Riesen“ aus Sandstein misst 270 x 176 cm.)
Damit bekam der Kampf um die Grabsteine eine andere Richtung: die auf den Grabstellen liegenden „Leichensteine“ aus der Zeit Ende des 16. bis Mitte des 18. Jahrhunderts kamen nach jener Zeit aus der Friedhofsmode, und manche Eigentümer der Grabstellen transportierten „ihre“ Steine auf ihren Hof, wo sie profane Verwendungen, meist als Fußtritt vor der Eingangstür fanden – all dies und das folgende ist in der detaillierten und fotografisch dokumentierten Studie von Joist Grolle nachzulesen, knapper in einer sich v.a. auf Grolle stützenden Online-Darstellung von Gerd Hoffmann.
Erst nach 1900 erkannte man die künstlerische und kulturhistorische Bedeutung der insgesamt ca. 100 Steine, insbesondere Justus Brinckmann setzte sich für die (museale) Erhaltung des Ensembles ein. Auch der seit 1913 in Kirchwärder amtierende Pastor Otto Grau („Otto I.“) und sein Sohn und Nachfolger im Amt des Ortsgeistlichen, „Otto II.“, haben sich hier Verdienste erworben. Die Erhaltung und Restaurierung dieser einzigartigen Sammlung hat sich seit einigen Jahren der Förderverein St. Severini als eines seiner Ziele gesetzt – und wie man dem Gemeindebrief Nr. 154 (S. 18) entnehmen kann, ist das Ensemble 2019 sogar wieder um einen „Riesen“ gewachsen.
Die unten wiedergegebene Ansichtskarte von etwa 1904 zeigt im Vordergrund links mehrere dieser Grabplatten; das im Artikel genannte „Brauthaus“, das einige der Steine aufnahm, ist der Anbau links an der Kirche.