1919 war und 2019 ist der Tideeinfluss auf die Dove- und die Gose-Elbe ein Thema, und auch die Elbvertiefung spielte damals und spielt heute eine wichtige Rolle.
Gose-Elbe und Dove-Elbe sollten 1919 „reguliert“ werden: durch Wasserbaumaßnahmen wollte der Senat die Schiffbarkeit dieser beiden Seitenarme der Elbe verbessern. Damit war der Verfasser des Leserbriefs, der sich als „Halligbewohner im Gebiet der Dove und Gose-Elbe“ bezeichnete, durchaus einverstanden, denn auch Schleusen sollten gebaut werden, die einen konstanten Wasserstand ermöglichten und somit das halligtypische „Landunter“ verhinderten. Die Landwirtschaft konnte sich freuen.
Die geplante Kostenbeteiligung an den Maßnahmen lehnte der Halligbewohner allerdings ab: für ihn war die Regulierung nur eine überfällige Entschädigung für Nachteile, die durch Hamburgs Politik der Elbe hervorgerufen wurden, wie er meinte – die Vertiefung der Unterelbe, die Verlegung der Dove-Elbe-Mündung („Kaltehofe-Durchstich“) und der Ausbau des Köhlbrands in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg wären ursächlich dafür, dass die Flut in Dove- und Gose-Elbe jetzt mehr als einen Meter höher aufliefe als zuvor: „Wer schädigt, muß entschädigen, ist doch ein altes Gebot.“
Die Entschädigungsfrage sei hier ausgeblendet – die Regulierung erfolgte in den 1920er Jahren vor allem durch den Bau der Reitschleuse (Gose-Elbe) und der Dove-Elbe-Schleuse, die die Oberläufe beider Flüsse dem Tideeinfluss entzogen. Die Unterläufe wurden erst 1952 in Tatenberg durch Abdämmung und Schleuse tideunabhängig.
2019 wird debattiert, ob Dove- und Gose-Elbe wieder der Tide ausgesetzt werden sollen: mittels einer Machbarkeitsstudie soll geklärt werden, ob die Verschlickung des Hauptstroms der Elbe (nach einer weiteren Fahrrinnenvertiefung) durch die (Wieder-)Öffnung der Altarme für Ebbe und Flut bei Tatenberg reduziert werden kann, wie das Hamburger Abendblatt schreibt.
Sollte dies machbar sein und auch gemacht werden, werden „Halliglagen“ wie die des Leserbriefschreibers sicher von Vorteil sein.
Exkurs:
Gose- und Dove-Elbe sind Nebenarme der Elbe; sie durchziehen die Vierlande und die Marschlande von Südosten her und fließen unterhalb (also westlich) Reitbrooks zusammen. Bereits im 14. bzw. 15. Jahrhundert wurden beide durch den Bau von Deichen im Osten der Vierlande vom Oberwasser abgetrennt; nach Hamburg hin blieben sie offen und schiffbar – seit allerdings der Tideeinfluss im 16./17. Jahrhundert das Gebiet erreichte, fielen diese Arme zeitweise trocken (siehe hierzu den Aufsatz von Carsten Weide, S. 22-47, hier S. 31f.).