Die Hansa-Schule in der Revolution

Ferdinand Ohly, die Hansa-Schule während des ersten Jahrzehnts 1914/15 – 1924/25 im neuen Schulgebäude, S. 35

Man weiß nicht, was genau Ferdinand Ohly, Direktor der Hansa-Schule, dem Bergedorfer Arbeiter- und Soldatenrat vortrug – man darf vermuten, dass seine anti-revolutionäre Philippika sich nicht auf das Schulwesen beschränkte.

„Grundstürzende Änderungen“ sollte es im Bildungsbereich geben (siehe hierzu die Studie von Hildegard Milberg (online) und knapp zusammenfassend Rainer Nicolaysen, S. 232 – 243): in Hamburg hatte sich ein Lehrerrat gebildet, der u.a. die Schaffung der „Einheitsschule“, die Wahl von Schulleitern auf Zeit und die Abschaffung des Religionsunterrichts forderte (BZ vom 9. und 13. November). Ohly wird dies gewusst (und alles missbilligt) haben, als er seinen Auftritt im Bergedorfer Arbeiter- und Soldatenrat hatte, zumal ein Lehrer der Hansa-Schule (Lorenzen) laut Ohly (S. 38) dem Lehrerrat angehörte. Spätere Beschlüsse des Lehrerrats sahen auch die Aufhebung des Schulgeldes an allen Schulformen und die Abschaffung der zu den höheren Schulen führenden Vorschulen vor (BZ vom 28. November), was die Hansa-Schule natürlich mitbetraf.

Bergedorfer Zeitung, 11. Dezember 1918

Einem weiteren Reformvorhaben konnte Ohly hingegen zumindest im Nachhinein etwas abgewinnen: die Schaffung eines Elternrats nannte er „einen glücklichen Gedanken“ und lobte die Zusammenarbeit „zwischen Elternhaus und Schule“ (Ohly, S. 38). Seine Einschätzung, dass im Elternrat „die verschiedenen Gesellschaftsschichten und Berufe“ vertreten waren, kann sich allerdings nur auf die Schichten bezogen haben, aus denen die Hansa-Schüler stammten, denn z.B. Handwerker und Arbeiter sucht man vergebens.

Bergedorfer Zeitung, 10. Dezember 1918

Die Untersagung des Religionsunterrichts schlug hohe Wellen in evangelischen Kreisen, weil dieser in den Hamburger Staatsschulen eben ein evangelischer war – darauf hatte sich die Landeskirche verlassen und protestierte nun heftig  (hierzu Milberg, S. 128ff.).

 

Bergedorfer Zeitung, 24. Dezember 1918

Auch die (Eltern-)Basis der Hansa-Schule machte mobil bzw. wurde mobilisiert und kritisierte die Verordnung „nicht allein als gewaltsam und undemokratisch, sondern auch als durchaus unnötig“ (!), sie forderte die Schulleitung sogar auf, sich darüber hinwegzusetzen (was sie letztlich nicht tat): die Legitimation des Arbeiter- und Soldatenrats zu diesem Eingriff in Elternrechte wurde in Abrede gestellt, und die „zuständigen Stellen“ sollten auf Aufhebung der Verordnung drängen, was nebenher belegt, wie unklar damals Zuständigkeiten und Beschlussrechte waren.

Das zeigte sich auch in einem anderen Bereich der Schulpolitik: nach Hildegard Milberg (S. 110ff.) stimmte sich der Lehrerrat mit der Bildungskommission des Arbeiter- und Soldatenrats ab, diese wiederum mit der Oberschulbehörde und die mit dem Senat. Der Senat legte der Bürgerschaft im Dezember einen Antrag (wieder) vor, der nur in Teilen den Lehrerrats-Beschlüssen entsprach: Abschaffung des Schulgelds an den Volksschulen ab 1919 und Abbau der Vorschulen ab 1920. Das ging aber dem Arbeiter- und Soldatenrat nicht weit genug: er setzte diesen Punkt von der Tagesordnung der Bürgerschaft kurzerhand ab – mit der Folge, dass es vorerst keine Gesetzesänderung gab und weiterhin Schulgeld zu zahlen war. Den maßgeblichen Kreisen der Hansa-Schule wird das durchaus recht gewesen sein.

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