Widerstand gegen den Krieg, wenn auch nur passiv, in Bergedorf? Diese Meldung scheint unglaublich, aber aus der Luft gegriffen war sie wohl nicht.
Man kann davon ausgehen, dass der mit einem Autorenkürzel gezeichnete Artikel aus der Führung der Bergedorfer Jugendkompagnie stammte und dass in der Tat vor allem Schüler „der höheren Lehranstalten“, sprich: der Hansa-Schule, sich an der Jugendwehr beteiligten. Jugendliche, die in der Ausbildung oder im Beruf standen, zeigten hingegen nur geringes Interesse, was nicht überrascht: die Regelarbeitszeit betrug zehn Stunden täglich an sechs Wochentagen – die Jugendkompagnie erwartete an zwei Abenden pro Woche und am Sonntagvormittag Beteiligung am „Dienst“ (BZ vom 3. November 1917, mit vielen Details zu den Tätigkeiten). Angesichts der miserablen Ernährung insbesondere der ärmeren Schichten wird sich manch einer für zusätzliche Aktivitäten schlicht zu schlapp gefühlt haben – „passiver Widerstand“ wird nicht das einzige Motiv der Nichtbeteiligung gewesen sein.
Es hatte zwar Appelle an die Lehrherren und Arbeitgeber gegeben, jugendlichen Beschäftigten einen „Freizeitausgleich“ bei voller Lohnzahlung zu gewähren (siehe z.B. BZ vom 20. Dezember 1914 und 29. Januar 1917), aber davon waren die Chefs wenig begeistert, sie könnten nach Ansicht des Autors „weit mehr tun, um die Bestrebungen zu unterstützen“, womit er sie zumindest in die Nähe des passiven Widerstands rückte.
So waren in der Jugendkompagnie die Hansa-Schüler weitgehend unter sich und betätigten sich unter anderem in der Landwirtschaft (siehe den Beitrag Hansaschüler als Erntehelfer; ein weiterer Beitrag hierzu wird am 8. Oktober folgen). Sie durften aber auch einem „ebenso seltenen wie interessanten Schauspiel beiwohnen“, der Sprengung des Schornsteins der Ziegelei am Kreuzweg in Lohbrügge, die dort seit 1734 bestanden hatte (BZ vom 24. Juni 1918).