Die Bahnhofs- und Bahnkriminalität veranlasste die BZ innerhalb von vierzehn Tagen zu sieben Meldungen allein aus Hamburg und Umgebung, davon drei aus Bergedorf bzw. Sande, und immer ging es um Warendiebstahl. Das kann eigentlich kaum überraschen, denn wie im Beitrag zum Fuhrwesen zu lesen war, standen die beladenen Güterwaggons oft tagelang auf Abstellgleisen. Dort wurde dann in größerem Stil gestohlen, wie die Meldung zeigt, und auf dem Bahnhof Bergedorf-Süd war das „in letzter Zeit häufig“ der Fall gewesen.
Lebensmittel waren (sicher nicht nur) im Raum Bergedorf begehrte Diebesgüter, wie die beiden anderen Meldungen zeigen, wobei Butter natürlich als höherwertiges Gut gegenüber Kartoffeln und Weißkohl bei den Dieben beliebter war, weil damit ein zigfacher Profit zu erlangen war. Zwar haftete die Bahnverwaltung für den Schaden, aber sie leistete den Ausgleich in Geld, nicht in Butter. Die Folge für Bergedorf und Sande war, dass die Rationen entsprechend gekürzt werden mussten, und die gestohlene Menge ist in Relation zur Wochenration von 30 Gramm (BZ vom 17. November 1917) zu sehen: zweihundert Pfund hätten 3.333 Bergedorfer versorgen sollen.
Ob die Sander tatsächlich Lebensmitteltransporte begleiteten, stand nicht in der BZ. In Hamburg nahmen derartige „Güterberaubungen“ noch weiter zu, und Bergedorf blieb nicht verschont: ob der nächste Fall sich wirklich erst vier Monate später ereignete, als über den Diebstahl von diesmal drei Fässern Butter berichtet wurde (BZ vom 16. März 1918)?
Insgesamt hatte die Staatsbahn im Jahre 1917 Entschädigungsleistungen für gestohlene Fracht in Höhe von 57 Millionen Mark zu erbringen (BZ vom 16. März 1918) – die Verdopplung der Frachtsätze für Gepäckstücke und Expressgut ab dem 20. November 1917 wird nicht ausgereicht haben (BZ vom 20. November 1917), diese Ausgaben zu finanzieren.