Kein Bett im Kornfeld

Bergedorfer Zeitung, 24. Juli 1917

Bergedorfer Zeitung, 24. Juli 1917

 

 

 

 

 

 

„Ein Bett im Kornfeld, das ist immer frei“ sang Jürgen Drews in den 1970er Jahren, und im Sommer 1917 blieben, wenn sich alle Menschen vorschriftsgemäß verhielten, in den Gebieten der hamburgischen Landherrenschaften alle Kornfeldbetten frei. Wer sich nicht an diese Vorschrift hielt, musste damit rechnen, dass er zu einer „Übernachtungsgebühr“ von bis zu 36 Mark herangezogen wurde, es sei denn, dass er eine polizeiliche Genehmigung für die Nacht hatte. Ähnlich war es in Sande: dort genügte eine Bescheinigung des Grundeigentümers, aber die Regelung galt offenbar nicht nur nachts, und statt mit einer bezifferten Geldstrafe musste man dort mit „etwaigen Weiterungen“ (was immer das hieß) rechnen. Die Geesthachter Feldhüter waren sogar bewaffnet und durften bei Widerstand oder Fluchtversuchen von der Schusswaffe Gebrauch machen (siehe BZ vom 27. Juli 1917).

Den Landherrenschaften ging es dabei nicht um sittliche Erwägungen, sondern schlicht um die Verhinderung von Diebstählen aus den Gärten und von Feldern, die immer weiter um sich griffen und ebenso wie der „Schleichhandel“ (siehe den Beitrag Das Landgebiet militärisch abgeriegelt) das offizielle und legale Lebensmittelangebot verringerten.

Bergedorfer Zeitung, 18. Juli 1917

Bergedorfer Zeitung, 24. Juli 1917

 

 

 

 

 

Mit der Kontrolle waren „Feldwachen“ beauftragt, die es auch in Bergedorf (dort „Feldhüter“  genannt) gab: sieben hatte Bergedorf bereits, drei weitere sollten folgen (siehe BZ vom 17. Juli 1917) – wie nötig deren Einsatz war, zeigt die Meldung über die Diebstähle am Gojenberg (24. Juli). Sie zeigt zudem, dass nächtliche Rundgänge (ab 22 Uhr) nicht genügten, sondern die Bewachung auch tagsüber erforderlich war, wie dem Artikel vom 18. Juli zu entnehmen ist: die darin genannten gut gekleideten Frauen mit Handtaschen werden für den Eigenbedarf tätig gewesen sein, ebenso die Kinder, bei denen man durchaus fragen kann, ob sie mit stillschweigender Zustimmung oder sogar nach Aufforderung durch die Familie für ein Minimum an Nahrungsmitteln sorgen sollten. Die Diebe, die beim Krankenhaus gleich 13 Reihen Kartoffeln (geschätzte Menge: ein Zentner) abernteten, dürften dagegen eher an Verkauf gedacht haben.

Staatskrankenhaus Bergedorf, Straßenseite, Ansichtskarte gestempelt 1917. Im Vordergrund möglicherweise Kartoffelpflanzen

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