Mit allen, aber auch wirklich allen Mitteln sollte der Krieg gewonnen werden: auf den Schlachtfeldern durch die Soldaten, in der Wirtschaft durch den Vaterländischen Hilfsdienst und allgemein durch den bargeldlosen Zahlungsverkehr, um die vom Gegner betriebene „Entwertung des deutschen Geldes im Ausland“ zu bekämpfen: das Mittel dazu sollte das Postscheckkonto sein, und Bargeld sollte möglichst aus dem Verkehr gezogen werden. Nicht erwähnt wurde (natürlich), dass man damit auch dem Schwarzhandel und Schiebungen zu Leibe rücken wollte, die ja in der Regel bar abgewickelt werden.
Eine diesem Ziel dienende Maßnahme war die Abschaffung der erst 1909 eingeführten (Stempel-)Steuer auf Schecks (Hue de Grais, S. 54), die die Bergedorfer Bank in einer großen Anzeige am 28. September verkündete. Schecks setzen aber das Vorhandensein eines Kontos voraus, von dem aus auch Überweisungen getätigt werden können, und in Hamburg gab es zu der Zeit gerade 50.000 Bankkonten und 12.000 Postscheckkonten, wie der Bankassessor Froelich in einem Vortrag vor dem Bergedorfer Grundeigentümerverein darlegte (siehe BZ vom 4. November 1916): Froelich pries die Vorteile der Nutzung von Konten gegenüber Bargeld für die Nutzer (Schutz vor Diebstahl, Brandschäden, Verlieren) wie für das Reich, das so weniger Banknoten produzieren müsse, was zur „Vereinfachung unserer Geldwirtschaft“ führe, was wiederum vaterländische Pflicht sei. (Auch heute noch, trotz 139 Millionen Kredit- und Debitkarten, wird in Deutschland gern bar bezahlt, was Banken und Handel gar nicht recht ist, wie die Frankfurter Allgemeine kürzlich schrieb.)
Dem bargeldlosen Verkehr standen allerdings gewichtige Hindernisse entgegen: das Postscheckkonto bedurfte einer Mindesteinlage, die trotz Absenkung auf 25 Mark im Mai 1917 (siehe BZ vom 15. Mai 1917) sicher für manche kaum aufzubringen war. Außerdem waren Überweisungen zwischen Banken und Postscheckkonten nur indirekt über die Reichsbank möglich (siehe BZ vom 4. November 1916).
Nicht nur Banknoten waren knapp: auch an Münzgeld mangelte es schon seit längerer Zeit. Das Reich versuchte nicht nur, das Goldgeld einzusammeln (siehe z.B. den Beitrag Gold gab ich für Papiergeld), sondern ersetzte auch die Silbermünzen immer mehr durch „Darlehenskassenscheine“, denn die Edelmetalle wurden für die Bezahlung von Importen benötigt. Das Metall der kleinen Münzen (siehe Wikipedia, mit Abbildungen), brauchte die Rüstungsindustrie: die 25-Pfennig-Stücke aus Nickel wurden schon 1915 von der Post einbehalten und an die Reichsbank abgeliefert; die 5-Pfennig-Stücke aus Kupfernickel wurden durch solche aus Eisen ersetzt (siehe BZ vom 21. Juli und 4. September 1915), allerdings nicht in ausreichendem Maße, sodass das Kleingeld knapp wurde (siehe BZ vom 16. November 1915). Auch die „Groschen“ zu 10 Pfennigen verschwanden zusehends aus dem Verkehr (siehe BZ vom 27. Oktober und 1. Dezember 1916), und im November 1916 genehmigte der Bundesrat die Herstellung von 1-Pfennig-Stücken aus Aluminium, die die kupfernen Münzen ersetzen sollten (siehe BZ vom 24. November 1916).
Ganz ohne Bargeld ging es eben doch nicht.