Schlichte Lustbarkeiten waren in der Kriegszeit höchst unerwünscht und daher nicht erlaubt – aber findige Menschen wussten, wie man an eine Genehmigung kam: das Zauberwort hieß „Wohltätigkeit“.
Ein solches Wohltätigkeitskonzert ließ das „Wachtkommando Geesthacht“ in der Zeitung ankündigen, denn dieses hatte eine eigene Militärkapelle und auch einen Gesangschor (siehe BZ vom 15. November 1915). Nicht nur in Geesthacht trat es immer wieder auf, sondern auch in den Nachbarorten, z.B. in Zollenspieker (siehe BZ vom 17. Januar 1916). So brachte man Abwechslung in den militärischen Alltag, der Bewachung von Pulverfabrik und Dynamitwerk hieß, und erhielt vermutlich auch das eine oder andere Freigetränk zufriedener Zuhörer, die sich über Abwechslung im nicht-militärischen Alltag freuten.
Ob die hier wiedergegebene Ansichtskarte das Wachtkommando Geesthacht zeigt, kann nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden, denn es gibt keine Erläuterung zu der Fotografie – aber der Absender war der Gefreite Schmidt 15 vom Landsturm-Ersatz-Bataillon „z.Z. Geesthacht“, der über Wacheschieben und Kirchgang schrieb und Frau (und Tochter?) fragte, warum er von ihnen keine Post erhalten habe, ob sie (seine Frau) so viel zu nähen habe, dass sie nicht habe schreiben können. Unter der Anschrift Grovestraße 19 I in Hamburg 22 verzeichnete das Hamburger Adreßbuch ab 1916 über das Kriegsende hinaus einen „Carl Schmidt, Beamt.“ Man darf also vermuten, dass der Landsturm-Gefreite Schmidt 15 den Krieg überlebte.
Das Wachtkommando Geesthacht bestand laut Bergedorfer Zeitung vom 30. Oktober 1914 bei seiner Einsetzung aus 36 Mann und drei Unteroffizieren vom 9. Pionier-Bataillon, die im Ort untergebracht werden sollten – wann die Ablösung durch das Landsturm-Ersatz-Bataillon erfolgte oder ob es andere Veränderungen gab, war der Zeitung nicht zu entnehmen; vielleicht war dies ein militärisches Dienstgeheimnis.
Anlässlich eines anderen Wohltätigkeitsabends, quasi en passant, hatten die Leser der BZ schon zuvor erfahren, dass seit kurzem in Obermarschacht, also auf dem Südufer der Elbe südöstlich von Geesthacht, ein „Ballon-Abwehr-Kommando“ stationiert war, d.h. eine Einheit, die Dynamitwerk und Pulverfabrik vor Luftangriffen schützen sollte. Ob das der Feind wissen durfte?