Baumfrevel oder Baumpflege?

Bergedorfer Zeitung, 18. Februar 1925

Ein Bergedorfer ließ seiner Empörung im „Sprechsaal“ der BZ freien Lauf: die Bäume in der Wentorfer Straße würden nicht ausgelichtet, sondern durch unqualifizierte Arbeiter, die an den Bäumen herumsägten, geradezu „verstümmelt“.

Die Stadt verkaufte das abgeschnittene Holz „gegen sofortige Bezahlung und Abfuhr“ (Anzeige in der BZ vom 3. Januar 1925); sie hatte also durchaus ein Interesse an der Gewinnung größerer Holzmengen – aber konnte das ein solches Baumsägenmassaker rechtfertigen?

Bergedorfer Zeitung, 19. Februar 1925

Nichts als Nörgelei sei diese Kritik, replizierte bereits am nächsten Tag „ein Fachmann“: von Misshandlung könne keine Rede sein, es handle sich um notwendige Arbeiten zur Rettung der zuvor unfachmännisch bearbeiteten Bäume – jetzt sei ein „erfahrener und tüchtiger Gärtner“ tätig. Ins selbe Horn stießen auch andere Leserbriefschreiber: wegen der großen Bäume säßen die Anwohner im Sommer „am hellen Tage in tiefster Dämmerung“ (ebenfalls BZ vom 19. Februar), ein anderer äußerte sich recht radikal: „Runter mit den Bäumen, Sonne ins Haus.“ Die Hälfte aller Straßenbäume solle gefällt werden (BZ vom 20. Februar).

Ähnlich kontrovers wurde in Kirchwärder diskutiert: das alte Pastorat war abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt worden; die alten Bäume wurden bearbeitet – nach Meinung des Kirchenvorstehers Julius Putfarken hatte man dort die Kastanien zwecks beabsichtigter Abtötung „geköpft“ (BZ vom 7. Februar), nach Ansicht von Pastor Grau war das Ziel, die Kastanien „mit den Jahren pyramidenförmig“ zu ziehen, also die Bäume zu erhalten. (BZ vom 10. Februar).

Bergedorfer Zeitung, 16. Februar 1925

Zu den Kirchwärder Pastoratsbäumen druckte die BZ binnen elf Tagen (7. bis 17. Februar) insgesamt acht Sprechsaal-Einsendungen. Bestechen ließ die Zeitung sich in dieser Sache nicht, wie die nebenstehende Notiz zu einem der Leserbriefe zeigt.

 

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