Die gefährlichen Hochantennen

Von „plug and play“ waren Käufer von Rundfunkempfangs-geräten vor hundert Jahren weit entfernt: während in heutigen Geräten eine Antenne in aller Regel eingebaut ist, musste man früher eine Antenne anschließen und verfuhr nach der Faustregel: eine längere Antenne sorgt für besseren Empfang. Wie das aussehen konnte, ist auf einer Seite des Bayerischen Rundfunks zu sehen.

BZ, 21. Juni 1924

Der Rat der Stadt Bergedorf wollte verhindern, dass Antennen quer über Straßen usw. gespannt oder Starkstromleitungen gekreuzt würden, letzteres wohl vor allem wegen der Gefahr des Blitzeinschlags in eine Antenne und des Überspringens eines Einschlags ins Stromnetz, und machte einen Genehmigungsvorbehalt (wobei fraglich ist, ob die Stadtverwaltung damals über entsprechend sachkundige Mitarbeiter verfügte).

Die Hamburger Feuerkasse hatte ihrerseits schon vor der Installation von Außenantennen auf Dächern gewarnt, wenn diese nicht „sachgemäß konstruiert und von einem Fachmann sachgemäß angebracht“ würden und besonders auf die Notwendigkeit der Erdung hingewiesen (BZ vom 13. Juni).

Bergedorfer Zeitung, 16. Juli 1924

Dem flüchtigen Leser wird aber die hier wiedergegebene Meldung von Mitte Juli als Entwarnung erschienen sein: demnach erhöhe eine Hochantenne nicht die Einschlagswahrscheinlichkeit für den Blitz – „im Gegenteil“. Erst aus dem folgenden Satz wird deutlich, dass diese Risikominderung nur für geerdete Anlagen gelten solle und dass die Leitsätze des Verbands Deutscher Elektrotechniker zu beachten seien, wenn man nicht Gefahr laufen wolle, dass die Feuerkasse im Schadensfall den Schadenersatz verweigere.

Wenig später folgte per Verordnung die Genehmigungspflicht aller Hochantennen (BZ vom 2. und 4. September), und das traf die zahlreichen Radiobastler hart, denn die Prüfgebühr wurde in Bergedorf vom Rat auf 5 Mark festgesetzt (und 10 Mark bei einer eventuell erforderlichen Nachschau, BZ vom 10. September). Das stieß in der Stadtvertretung auf fraktionsübergreifenden Widerstand, und die Gebühr wurde auf 3 Mark bzw. 5 Mark reduziert (BZ vom 11. Oktober).

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