Frau Professor Schorr war keine Astronomin: sie war die Ehefrau des Direktors der Sternwarte, Prof. Dr. Richard Schorr, und sie war verantwortlich für den Haushalt der Familie, zu der auch sieben Kinder zählten. Da war es schon gut, dass man jeden Tag frische Milch von der eigenen Kuh bekam. Das Melken der Kuh sollte Aufgabe des neuen Dienstmädchens in der Direktorenvilla sein, denn „Frau Professor Schorr, die war ‘ne vornehme Frau. … Sie war immer so eine ganz elegante“, wie die auf der Sternwarte aufgewachsene Hilde Ritz Jahrzehnte später berichtete (zitiert bei Jochen Schramm, S. 188), und vornehme Frauen nahmen damals nicht auf einem Melkschemel Platz (heute wohl auch nicht).
Frau Professor Schramms Stellenangebot war offenbar nicht auf Anhieb erfolgreich, denn die Anzeige erschien am 6. Juni ein weiteres Mal. Auf das Angebot des Hamburger Jugendschutzes wäre sie wohl nur ungern eingegangen: ein Professorenhaushalt war doch etwas anderes als eine Landstelle.
Auch andere auf der Sternwarte wohnende Mitarbeiter hielten dort Nutztiere: Hilde Ritz erzählte von Ziegen, Hühnern, Gänsen und Kaninchen; außerdem wurde seit den Kriegsjahren Gemüseanbau auf dem eingezäunten weitläufigen Gelände des Observatoriums betrieben. Auf einer bei Schramm (ebd., S. 191) abgedruckten Luftaufnahme vom September 1928 sind Gemüsebeete nur außerhalb des Sternwartengeländes zu sehen – zum Friedhof hin sind allerdings kleine Baulichkeiten zu entdecken, die eventuell als Gartengeräteschuppen oder Ställe gedient haben könnten.
Soweit bekannt betreiben die heutigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Sternwarte dort keine Nutzviehhaltung mehr.