Für regelmäßige Leser des Bergedorf-Blogs bietet der Jahresrückblick des für die lokale Berichterstattung der Bergedorfer Zeitung verantwortlichen Redakteurs Georg Deck kaum Neues, aber er liefert dem Neueinsteiger in den Blog eine gute Zusammenfassung der Stadtentwicklung. In den 137 Textzeilen taucht neunmal das Wort „Krieg“ allein oder in Zusammensetzungen auf, aber fast immer nur als Begründung für Entwicklungshemmnisse struktureller Art – Menschen spielen kaum eine Rolle, da ja durch die „außerordentlich umfangreiche und musterhafte“ Kriegshilfe „ein wirklicher Notstand kaum irgendwo eingetreten ist“. Kriegsopfer finden keine Erwähnung, wohl aber die Einführung der täglichen Verzinsung auf höherem Zinsfuß bei der städtischen Sparkasse, was die Sparer sicher erfreute, sofern sie ihr Geld nicht in die noch höher verzinsten Kriegsanleihen steckten.
Am Ende des Artikels wird kurz das Ergebnis der Bürgervertreterwahl vom 25. Februar 1914 in Erinnerung gerufen; die dürren Worte lassen aber nicht erahnen, wie umstritten diese Wahl war: nachdem bei der Wahl 1910 die Sozialdemokraten drei der fünf zu vergebenden Mandate errungen hatten, gelang es 1912 und 1914 dem Bürgerverein, dem Grundeigentümerverein und dem Liberalen Verein, sich auf fünf gemeinsame Kandidaten für die fünf zu vergebenden Sitze zu einigen – und siehe da: alle fünf wurden gewählt. Angesichts der Ausgestaltung des Wahlrechts war dies wenig überraschend, wie bei Uwe Plog nachzulesen ist: wer das Wahlrecht erhalten wollte, musste männlich sein und ein Einkommen von mindestens 1.400 Mark versteuern (Zensuswahlrecht). So hatten 1914 nur etwa 2.600 von knapp 16.000 Einwohnern das Wahlrecht (16%). Zum Vergleich: bei der ersten Bürgervertreterwahl nach Ende der beiderstädtischen Zeit 1874 waren ca. 750 von ca. 3.800 Einwohnern wahlberechtigt, d.h. knapp 20% (Zensus: 400 Mark). Bei der ersten wirklich demokratischen Bürgervertreterwahl nach Ende des Kaiserreichs 1919 hatten ca. 10.400 von ca. 17.000 Einwohnern das Wahlrecht, also gut 61% (allgemeine und gleiche Wahl).
Direkt unter diesem Jahresrückblick die Überschrift „Aus der 113. Verlustliste“; genannt diesmal ein Soldat aus Ochsenwärder (leicht verwundet), einer aus Sande (bisher vermisst, im Lazarett), aus Geesthacht ein Soldat „nicht gefallen, sondern verwundet“, ein weiterer „bisher vermißt, zur Truppe zurück“. Verglichen mit anderen Tagen war dies erfreulich.