Erfolgreiche Kleingärtner- und Bauernproteste

Bergedorfer Zeitung, 16. April 1924

Der (damals einzige) Schrebergartenverein für Bergedorf und Sande rief zum Protest auf: „die von den Behörden festgesetzten Pachthöchstpreise“ seien zu hoch. Nicht nur die Schrebergärtner waren davon betroffen, sondern auch die „Kleinpächter“, die auf weniger als fünf Hektar Land wirtschafteten und von den Erträgen ihren Lebensunterhalt ganz oder großenteils bestritten. Die Pachthöhe wurde wesentlich beeinflusst von der Höhe der Grundsteuer, die die Verpächter von Land an ihre Pächter „durchreichten“.

Bergedorfer Zeitung, 19. April 1924

Der Redner des Protestabends kam aus Hamburg, es war der Behördenmitarbeiter Gartenbauinspektor Rosenbaum, und er fand, dass der in Stormarn geforderte Pachtpreis zu hoch sei: Maßstab dürfe nicht die Lage des Grundstücks sein, sondern der (gärtnerische) Ertragswert. Erst wenn das Grundstück zu Bauland geworden sei, dürfe es höher bewertet und mit einer höheren Grundsteuer belegt werden. Damit orientierte sich Rosenbaum an den Vorstellungen der Bodenreformer, deren Ziel es war, durch Gewinnabschöpfung Bodenspekulation zu unterbinden, und in diesem Sinne wurde auch die Protestresolution beschlossen.

In Preußen wie in Hamburg ging es der Politik aber nicht um Bodenreform, sondern um Staatsfinanzen: deswegen war die Grundsteuer ja gerade erhöht worden. In Hamburg galten nun alle unbebauten Grundstücke als Bauland und wurden hoch besteuert (BZ vom 22. Januar), für Scheunen und Ställe galten dieselben Steuersätze wie für Wohngebäude, kurz: die Steuern für die Landwirte seien so hoch, „daß der Bauer bald den ganzen Gaul dem Finanzamt bringen und dann stempeln gehen könne“, wie es ein Bauernfunktionär in einer Versammlung des „Landrings“ formulierte (BZ vom 4. und 11. Februar).

Doch als die Schreber in Sande protestierten, zeichnete sich in Preußen und Hamburg bereits eine Entspannung durch Steuersenkung ab, und das dürfte auch die geringe Teilnehmerzahl im Holsteinischen Hof erklären. In Hamburg verhandelte eine Kommission aus den Landgemeinden (u.a. mit Kirchwärders Gemeindevorsitzendem Heinrich Grube) mit dem Staat und zeigte sich anschließend zufrieden: Es „findet durchweg eine sehr erhebliche Ermäßigung der Grundsteuer statt, die von den mitwirkenden Vertretern des Landgebietes auch als tragbar angesehen wurde. Sämtlichen Grundbesitzern wird eine berichtigte Grundsteuerrechnung in nächster Zeit zugehen.“ (BZ vom 22. April)

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