So richtig aufregend wirkte Bergedorfs „Kriegshaushalt“ für 1915 auf den ersten Blick nicht: neben den Ausgaben für die Schulen – mit 266,996,50 Mark entsprechend 20,5 % der größte Ausgabenposten – fallen allerdings die Zinszahlungen für aufgenommene Kredite mit 207.638,12 Mark ins Auge. Mit einem schnellen Abtragen der Schulden hatte man auch vor Kriegsbeginn nicht gerechnet und kurzfristige Verbindlichkeiten im Februar 1914 in eine auf 10 Jahre unkündbare Anleihe bei der Arbeiterpensionskasse von Krupp (Kurs 94,50, 4 % Zinsen p.a., siehe Bergedorfer Zeitung vom 15. Februar 1914) aufgenommen. Und trotz zweier neugeschaffener Stellen blieben die Ausgaben für die Allgemeine Verwaltung unter 100.000 Mark (alle Zahlenangaben aus der Bergedorfer Zeitung vom 26. November 1914).
Die hohe Verschuldung (1913: 4,2 Millionen Mark laut Oliver Barghorn-Schmidt in ZHG, S. 171f.) war zumindest teilweise auf Grundstückskäufe der Vorjahre zurückzuführen: die Biehlsche Insel im Bereich der heutigen Straße Reetwerder sowie Flächen am Gojenberg waren für eine Bebauung vorgesehen, und mit der „Durchbruchstraße Kuhberg – Pool“, der heutigen Vierlandenstraße, wollte man die Verkehrsverhältnisse im Altstadtbereich verbessern und wohl auch eine Stadtsanierung durch Abriss einleiten (vgl. dazu Die Zerstörung von Alt-Bergedorf). Der Krieg legte allerdings fast jede private Bautätigkeit lahm, und erst in den 1920er Jahren konnten die Grundstücke verwertet werden (vgl. Das neue Bergedorf).
Einen Teil der Bewohner Bergedorfs traf dieser Haushaltsplan allerdings wie ein Hammer, nämlich die in Bergedorf Wohnenden mit Geschäftsadresse in Hamburg. Sie hatten bisher ihr Einkommen nur in Hamburg zu versteuern, ab 1915 sollten sie nun auch zur Zahlung der Bergedorfer Gemeinde-Einkommensteuer herangezogen werden. Der Protest der Betroffenen äußerte sich in den folgenden Wochen in zahlreichen ausführlichen Leserbriefen, doch er konnte nichts am Inkrafttreten der neuen Regelung zum 1. Januar 1915 ändern, denn auch der Senat gab seine Zustimmung.