Wohnungsmieter hatten es bei dem vor hundert Jahren herrschenden Wohnungsmangel nicht leicht – Wohnungsvermieter aber auch nicht. Die Mieten waren niedrig; sie waren durch das Reichsmietengesetz auf dem Stand von 1914 eingefroren, was die Mieter sicher freute, die Vermieter nicht. Die Betriebskosten aber waren nicht gedeckelt, und so kann es durchaus zutreffen, dass in Kirchwärder allein für den Schornsteinfeger das Zehnfache der Wohnungsmiete zu zahlen war, wie in der Gemeindeversammlung beklagt wurde. In Bergedorf wurde der Betriebskostenzuschlag für den Monat März auf 10.000 Prozent der Grundmiete festgesetzt, auch andere Zuschläge wie z.B. eine Instandsetzungspauschale waren von den Mietern zu begleichen (BZ vom 29. März).
Für die Mieter erfreulich, für die Vermieter unerfreulich war, dass rückwirkende Gebührenerhöhungen nicht geltend gemacht werden durften (§ 11 Reichsmietengesetz) – auf den erhöhten Gebühren für den „Sottje“ und anderes blieben die Vermieter also sitzen. Ob der Appell des Bergedorfer Magistrats, die Mieter möchten „aus Billigkeitsgründen“ den Betrag ausgleichen, erfolgreich war, ist nicht bekannt. Man kann aber davon ausgehen, dass im Laufe des Jahres 1923 die Berechnungsmethode der Betriebskosten geändert wurde, sonst hätten allein die Schornsteinfegergebühren alle Vermieter ruiniert: Ende Oktober war die „Grundtaxe“ mit 2.196.480.000 zu multiplizieren (BZ vom 1. November).
Übrigens: vor hundert Jahren kam der „Sottje“ alle sechs Wochen, auch wenn im Sommer nicht geheizt und nur der Gasherd benutzt wurde (BZ vom 29. September).