Freud und Leid lagen 1923 nahe beieinander; die Ursache für beides war die Inflation.
Wahrscheinlich waren die Gemüsebauern mit den 1922 erzielten Preisen zufrieden gewesen und hatten ein finanzielles Polster für die Wintermonate und die Beschaffung von Düngemitteln für die Saison 1923 zurückgelegt – aber sie wurden von der Inflation überrollt und viele konnten im Frühjahr nicht einmal Düngemittel kaufen, wie es im Bericht heißt.
Auch wenn der Bericht nicht widerspruchsfrei ist – zunächst heißt es, die Obst- und Gemüsebauern müssten ihr Ware „um jeden Preis“ verkaufen, dann, dass sie bei zu niedrigen Preisen „fast ihre gesamte Ware wieder mit nach Hause nehmen mussten“ – die Lage war sicher nicht einfach, und so wird es Abwanderung in andere Erwerbszweige gegeben haben. Es ist allerdings schwer vorstellbar, dass das Gemüseland einfach liegenblieb bzw. brachfiel: in der Saison konnte man mit z.B. Erdbeeren und Obst höhere Einnahmen erzielen als ein Tagelöhner bei Erdarbeiten. (Der Preis für die ersten Vierländer Erdbeeren des Jahres lag übrigens bei 25.000 Mark pro Pfund, BZ vom 10.April; die weitere Preisentwicklung ließ sich der BZ nicht entnehmen.)
Zumindest etwas Freude an der Inflation hatten einige Vierländer und Marschländer Gemeinden: sie nutzten die inflationsbedingt steigenden Einnahmen, um Kredite zurückzuzahlen, wozu sie von der Landherrenschaft ermuntert worden waren (BZ vom 30. April und 5. Juni) – hätten sie mit der Tilgung noch gewartet, so hätten sie das nötige Geld aus der Portokasse nehmen können.