Oktober-November – Die Maiglöckchenzeit

BZ, 11. November 1922

Für die Vierländer Gärtner war (und ist) die eigentliche Maiblumenzeit der Herbst, vor allem in den Monaten Oktober und November, denn dann verursachen diese Pflanzen am meisten Arbeit und bringen das meiste Geld.

Die Maiblumen, wie die Maiglöckchen im Gartenbau genannt werden, müssen im Herbst aus der Erde geholt werden, um sie nach sogenannten Treibkeimen und Pflanzkeimen zu sortieren. Das ist keine einfache Arbeit, denn nur eine leichte Verdickung des Keims zeigt an, dass es sich um einen Treibkeim, auch Blühkeim genannt, handelt – fehlt die Verdickung, handelt es sich um einen Pflanzkeim, der in der kommenden Saison nur Blätter hervorbringt, aber keine Blütenstände (siehe die Abbildungen von Keimen bei Torkild Hinrichsen, Das Maiglöckchen, Husum 2006, S. 73). Durch Erwärmung können die Treibkeime schon zu Weihnachten zur Blüte gebracht werden, durch Kühlung lässt sich die Saison nahezu beliebig steuern (hierzu und zum folgenden Hinrichsen, ebd., S. 68ff.).

Während des Weltkriegs war der Export fast zum Erliegen gekommen, nahm dann aber wieder zu, vor allem in die USA, nach England und Skandinavien, aber wohl ohne das Vorkriegsniveau wieder zu erreichen – da hatten über 150 Hektar dem Maiblumenanbau gedient.

BZ, 4. Oktober 1922

BZ, 9. Oktober 1922

Eine Erschwernis beim Export in die USA war, dass die Keime von allen Erdanhaftungen befreit werden mussten (BZ vom 17. Juni 1921), deshalb wurde (feuchtes) Moos genommen, um die „Bülten“ von 25 Keimen feucht zu halten, und mit dünnen Weidentrieben wurden die Bülten zusammengehalten.

BZ, 22. November 1922

BZ, 16. November 1922

Der Umfang des Handels mit Maiblumenkeimen lässt sich aus den neunzehn verschiedenen Kleinanzeigen erahnen, die allein in den letzten drei Monaten des Jahres 1922 in der BZ zu finden waren, wobei man unterstellen darf, dass viele Gärtner ihre festen Abnehmer hatten und gar nicht zu inserieren brauchten.

BZ, 7. November 1922

Andere sparten sich einige der Arbeitsgänge, wie aus der Anzeige des Opfers eines größeren Diebstahls hervorgeht. Eine Meldung über die Wiederherbeibeschaffung war in der BZ nicht zu finden.

Bemerkenswert ist, dass neunmal nicht für Geld ge- oder verkauft werden sollte, sondern statt Geld landwirtschaftlicher Bedarf wie Heu, Stroh oder Mistbeetfenster, aber auch ein Fahrrad und ein Geldschrank als Tauschwährung genutzt werden sollte. So wollte man sich vor der Inflation schützen.

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