Welchen Sinn macht es, einem Sparklub anzugehören, wenn die Inflation das von den Mitgliedern eingezahlte Geld einfach wegfrisst? So naiv können die Mitglieder doch 1922 nicht gewesen sein – oder Geldanlage und Kleinvermögensmehrung waren nicht das primäre Ziel.
Die Funktionsweise eines Sparklubs ist leicht erklärt: man zahlt gegebenenfalls die Aufnahmegebühr und verpflichtet sich, regelmäßig (wöchentlich oder monatlich) den Mindestbeitrag oder auch höhere Beträge einzuzahlen, die vom Kassierer notiert und dann auf ein zinsbringendes Konto bei einer Sparkasse transferiert werden.
In aller Regel hat so ein Sparklub ein festes Vereinslokal, was den Wirt sicher erfreut, denn die Einzahlungen erfolgen in seiner Gaststätte, und kaum jemand wird einfach nur seinen Obolus entrichten, auf dem Absatz kehrt machen und das Lokal wieder verlassen – die Sparer waren zumindest ein Teil der regelmäßigen Gäste, die dem Gastronomen sein Einkommen sicherten.
Für den Sparer war und ist das Sparen also mit zusätzlicher Geldausgabe verbunden; ökonomischer wäre vermutlich ein häusliches Sparschwein – aber das Sparen war nicht der Hauptzweck, die Mitgliedschaft im Sparklub war Mittel zum Zweck: Geselligkeit (und ein scheinbar legitimer Grund für Abwesenheit von der häuslichen Gemeinschaft).
So fand man in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg immer wieder Anzeigen von Sparklubs, die zu Veranstaltungen einluden (deren Erlös auch die Vereinskasse aufbesserte). Es gab „Große Sommervergnügen“ mit und ohne Kappen-Polonaise, (Tanz-)Kränzchen, Große Herbst- und Wintervergnügen mit und ohne Tombola, wie sich aus diversen Annoncen von mehr als einem Dutzend Vereinen in der BZ der Jahre 1920 bis 1922 ergibt; auch der Sparklub mit dem schönen Namen „Friede“ veranstaltete ein Preisschießen (BZ vom 18. Oktober 1919).
In den meisten Vereinen wird der Jahresabschluss ähnlich begangen worden sein wie bei dem Verein „Weihnachtsfreuden“ in Bergedorf oder dem „Häuflein, vermehre dich“ im Sander Wasserturm: mit Auszahlung der angesparten Beträge und einem Festessen, oft (teil-)finanziert aus den Zinserträgen. Dass die Sander Sparer bei freiem Eintritt auch Gäste willkommen heißen wollten, überrascht zunächst, aber wahrscheinlich war nur der Eintritt für Nichtmitglieder frei, nicht das Essen und nicht die Getränke – sonst wäre das Häuflein wohl verschwunden.