Die „Flagen“ des Curslacker Heerwegs

BZ, 3. Oktober 1922

Es war schon ein Kreuz mit diesem Curslacker Heerweg: alle Straßenbau-, Straßenunterhaltungs- und Sanierungsarbeiten waren administrativ aufwändig, ebenso die Finanzierung, denn alle Vierländer Gemeinden mussten sich daran beteiligen.

Die im 16. Jahrhundert auf Anordnung der beiderstädtischen Visitation gebaute Straße durchzog und durchzieht Curslack auf ca. 3,24 Kilometern Länge von Norden nach Süden, und da Curslack den Bau nicht allein tragen konnte, wurden Neuengamme, Kirchwärder und Altengamme von der Visitation verpflichtet, sich zu beteiligen. Auch die laufende Unterhaltung war geregelt: die großen Dörfer Neuengamme und Kirchwerder zu je einem Drittel, Curslack zu zwei Neunteln und Altengamme zu einem Neuntel, und entsprechend hatte jedes Dorf einen bestimmten Abschnitt, eine sogenannte Flage, in Schuss zu halten. Die jeweilige Zuständigkeit ließ sich leicht feststellen: der Curslacker Abschnitt wurde durch Lindenbäume gekennzeichnet, zwei Begrenzungssteine definierten die Abschnitte Kirchwärder/Altengamme sowie Altengamme/Curslack, jeweils mit einem Grenzkreuz in der Mitte (siehe hierzu Bergedorfer Schlosskalender für 1936 (12. Jg.), S. 66-68).

Während der ungenannte Autor der Schilderung im Schlosskalender schreibt, dass von diesen Steinen nur noch der mit „Wꓘ+ATg“ vorhanden ist, ist der Stein Altengamme/Curslack offenbar wieder aufgetaucht. Es muss allerdings bezweifelt werden, dass beide Markierungen noch am ursprünglichen Standort stehen: nach der heutigen Lage der Steine wäre der Altengammer Abschnitt nur ca. 100 Meter lang gewesen, was der „Flagen“-Einteilung von 360 Metern widerspricht.

Begrenzungsstein Altengamme/Kirchwärder, heutiger Standort am Rieckweg

Begrenzungsstein Altengamme/Curslack, heutiger Standort Curslacker Heerweg neben Haus-Nr. 11

Als der Heerweg 1922 saniert, d.h. neu gepflastert, werden sollte, hatte die Gemeinde Curslack offenbar die Bauleitung für die gesamte Strecke übernommen, doch gestiegene „Fracht-, Fuhr- und Arbeitslöhne“ hatten die Kalkulation zunichte gemacht, und so mussten alle vier Beteiligten Geld nachschießen – ob das dann ausreichte, um die Arbeiten auf ganzer Länge fertigzustellen, ist fraglich, zumal Neuengamme zunächst die Zahlung verweigerte (BZ vom 24. Oktober 1922), woraufhin Curslack die Landherrenschaft um Intervention bat. Gegenüber Kirchwärder, das die geringe Nutzung durch seine Gemeindeangehörigen anführte, zeigten sich sich die Curslacker dann überraschend großzügig und erließen Kirchwärder für die Zukunft einen Teil der laufenden Instandhaltungszahlungen (ebenfalls BZ vom 3. Oktober 1922).

Laut Bergedorfer Schlosskalender bestand die Gesamt-Vierländer Zuständigkeit bis 1935 – 1936 wurde Curslack alleinverantwortlich, was die anderen Gemeinden sicher erfreute. Sie waren ihre Flagen und die verbundenen Pflichten los.

 

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