Ein Denkmal- oder ein BZ-Affärchen?

Bergedorfer Zeitung, 26. August 1922

Der Bericht der BZ war vielsagend, und vor allem sagte er etwas über die Art der Berichterstattung der Zeitung, die mit der SPD wahrlich nichts am Hut hatte und sich genüsslich über die Genossen und die rote Schleife mokierte.

Der sozialdemokratische Verein Billwärders hatte ein Parteifest gefeiert und dabei am Gefallenendenkmal einen Kranz mit roter Schleife niedergelegt – doch am nächsten Morgen war die Schleife verschwunden, und „natürlich“ gerieten „national gesinnte Personen“ wegen dieser „Schändung“ des Denkmals in Verdacht. (Es soll hier offenbleiben, ob der Autor des Artikels nicht schon die Kranzniederlegung durch die SPD, zumal mit roter Schleife, als die eigentliche Schändung ansah.) Ob es die durch „einige Personen“ ausgesetzte Belohnung war, die die Polizei anspornte, ist unbekannt – jedenfalls wurde als Täterin ein zwölfjähriges Mädchen ermittelt, die „Tochter eines Genossen“, das die Schleife so schön fand, dass es sie zunächst mitnahm.  Aber dann bekam das Kind wohl Gewissensbisse und trennte sich wieder von ihr.

Bergedorfer Zeitung, 4. September 1922

Dieser Bericht führte aber dazu, dass die SPD Billwärder eine quasi-Gegendarstellung in der BZ publizieren konnte, und nach dieser war nur die Schilderung der Entwendung der Schleife einwandfrei, alles andere falsch: man habe den Kranz am Tag der Verfassungsfeier niedergelegt, und alle Mitglieder der SPD hätten die 5.000 M Belohnung aufgebracht, nationalgesinnte Kreise seien nicht verdächtigt worden – und: der Vater des Mädchens sei kein SPD-Mitglied.

Bergedorfer Zeitung, 6. Oktober 1922

Letztlich könnte man wohl von einem Sturm im Wasserglas sprechen, der Versuch, den Sozis wieder einmal eins auszuwischen, gescheitert. Doch eines bleibt merkwürdig: die beiden Polizisten bekamen einen Teil der Belohnung ausgezahlt, obwohl sie nur das getan hatten, was ihr Job war, für den sie ja bezahlt wurden. Immerhin kam der Löwenanteil des Geldes dem Billwärder Versorgungsheim „für wohltätige Zwecke“ zugute.

 

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